Ein langer Weg

Was können wir tun? Was können wir nur tun, um es ihm leichter zu machen? Er hat die Medizin, die er braucht, die Geräte, die ihm helfen, eine Wache sitzt bei ihm Tag und Nacht, jeden Tag steht seine Familie an seinem Bett. Wir beten für ihn, wir schicken ihm gute Gedanken, wir versuchen ihn von der Ferne zu heilen, was können wir denn noch tun?

Er war so schwach heute, so am Ende, dass ich dachte, sie haben ihm ein starkes Beruhigungsmittel gegeben. Dabei sollte er heute nichts mehr bekommen, deshalb fragte ich nach und mir wurde gesagt, dass er nur Schmerzmittel und ein Antibiotikum erhalten habe. Sein Abendessen hatte er nicht angerührt, er aß nur ein bisschen Obst, das ich gebracht hatte und das seine Schwester ihm in den Mund schob. Er hatte keine Energie heute, für nichts. Seine Stimme klang noch brüchiger als sonst und er lag müde da, ohne schlafen zu wollen. Traurig war er. Immer wieder redete er von seinem Freund, und ob er wohl noch derselbe wäre, ob er selbst noch derselbe wäre. Er hat Angst, seinen Freund zu verlieren. Ihm wurde vielleicht auch bewusst, dass sie bei diesem Unfall hätten sterben können. Er weinte. Wir  trösteten, so gut wir konnten. Es ist ein langer und harter Weg, den er gehen muss. Was für ein Idiot, der das alles verursacht hat. Was für ein absoluter Idiot.

Auch der Krankenschwester war aufgefallen, wie abgekämpft er war. Sie sagte, erschöpfte und depressive Phasen gehören zum Krankheitsbild Durchgangssyndrom. Es wurden außerdem Tests gemacht heute, das sei für ihn anstrengend. Die Hirnblutung sei immer noch da, wurde aber nicht größer. Das sei ein gutes Zeichen. Wie einen blauen Fleck müsse man sich das vorstellen, und es könne lange dauern, bis sich alles zurück bildet. Wochen. Vielleicht Monate. Teile des Gehirns können absterben, dann dauert es noch länger, bis andere Regionen deren Aufgaben übernommen haben. Bei jungen Leuten verläuft dieser Prozess in der Regel schneller und besser, doch wollen wir ihm Zeit geben.

Es ist nur so schwer. Das Annehmen dessen, was ist. Ohne etwas steuern zu können. Denn wie sehr wir es auch wollen – wir können ihm nicht helfen.

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