Zu unserem Hausrat gehört seit kurzem eine Silbermedaille. Diese Trophäe erhielt mein Liebster letzte Woche, als er nach 150 km mit dem Fahrrad in die Zielstation eingefahren war – mit empor gereckten Armen und einem Lächeln im Gesicht. Ich war fassungslos. Ich ahnte ja nicht, dass er das kann! Freihändig Fahrradfahren, meine ich. Schon als Kind schaute ich neidisch hinterher, wenn jemand auf dem Rad lässig die Arme hängen ließ und dabei womöglich noch in die Pedale trat. Ich hab mich das nie getraut.
Erst als die Vierzig weit überschritten waren – zu der Zeit radelte ich abends nach der Arbeit auf Feld- und Waldwegen herum – begannen einmal Selbstversuche. Ich eierte erbärmlich von einer Seite des Wegs zur andern, aber ich gab nicht auf. Ein, zwei Meter schaffte ich, bevor mein Rad wegschlingerte, ich bemühte mich sehr, doch den Trick fand ich nicht heraus. Plötzlich hörte ich etwas hinter mir, eine Klingel. Ich sah mich um, ein Mann folgte mir auf dem Fahrrad und musterte mich. Er meinte: „Seit Minuten versuche ich, an Ihnen vorbeizukommen, könnten Sie vielleicht einen Augenblick stehen bleiben?“
Da glitt er hin, mein Schatz, mit erhobenen Armen, als ob es nichts wäre. Wie cool das aussieht. Ich hätte ihn natürlich auch genommen, wenn er überhaupt nicht Radfahren könnte, aber nun kann er es eben. Und zwar freihändig, was ich nicht einmal wusste …