Auch ich falle der kollektiven Anteilnahme anheim, aus besonderem Grund. „Aus dem Koma zurückholen … etwa drei Tage“. Das sagten sie auch zu uns, vor eineinhalb Jahren. Etwa drei Tage dauere es, bis der Junge erwacht. Es wurden fünf. Dieser Albtraum, dieses Gelähmtsein, das Entsetzen – es lässt sich nicht beschreiben. Man taumelt von einer Stunde zur nächsten. Man denkt, das Kind wacht nicht mehr auf.
Unser ganzes Leben lang planen und organisieren wir. Wir entwerfen Zeitpläne, legen Abläufe fest und was nicht geht, planen wir neu. Aber damals, am Bett unseres Sohnes, da gab es nichts zu planen, ich wurde zu Stein. Wir warteten, dass er aufwacht. Wir warteten, dass er aufwacht, damit es uns besser geht, doch der Junge hatte seinen eigenen Zeitplan. Und er machte ihn ohne uns.
Ich weiß, was die Eltern von Samuel Koch jetzt aushalten müssen und was da noch kommt. Nichts wird mehr sein wie vorher.
Das ist ’n Wort! Ich habe das Buch bei Amazon für meine nächste Bestellung vorgemerkt. Interessiert mich wirklich.
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Ich kann dir meins empfehlen 🙂 Es heißt „Alles voller Himmel“ von Patricia Koelle
Liebe Grüße, Patricia
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gerade durch den Medienspektakel erkennen doch viele, wie nah es ist, dass einem selbst oder jemandem in nächster Umgebung etwas Schlimmes zustoßen kann oder schon zugestoßen ist. Junge Menschen oder ihre Eltern stellen sich vor, wie es wäre… und wischen den Gedanken weg.
Aber der Fall wird noch eine Weile in den Medien bleiben, und irgendwann werden wir Samuel im Rollstuhl sehen. Der Kontrast des gesunden, athletischen Jungen, der so eingeschränkt weiterleben wird, ist ein Schock, denn es ist ja doch derselbe Mensch! Das ist der entscheidende Punkt: Der Mensch bleibt derselbe, nur die Äußerlichkeit nicht. Mein Sohn kann wieder gehen, aber ich sehe behinderte Menschen heute mit völlig anderen Augen. Samuel Koch mag beim einen oder andern auch die Sichtweise auf Menschen mit Behinderungen ändern.
Ja, ein Buch darüber hätte mich sehr interessiert, bestimmt gibts welche. Aber zu andern Themen gibts mehr, man stolpert nicht drüber.
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Schade nur, dass dieses ganze Interesse an Samuel Koch nicht auch allen anderen Behinderten gilt. Alle nehmen Anteil an seinem Schicksal, an dem er nicht unschuldig ist. Doch niemand wird sich deshalb wirklich damit beschäftigen, wie ein Leben im Rollstuhl wohl im Alltag wirklich aussieht. Niemand wird einen autobiographischen Roman darüber lesen, um sich einfühlen zu können. Niemand wird deswegen aufhören, an Straßenecken zu parken, wo er die Bürgersteigabsenkung blockiert und Rollis zwingt, einen langen Umweg zu machen. Niemand wird in das nächste Heim gehen und einem Rollifahrer als Begleitung einen Ausflug ermöglichen.
Schade, wie gesagt, denn das leichtsinnige Unglück wird letzten Endes noch nicht einmal durch ein Umdenken wenigstens einen Sinn erhalten. Und in einem Jahr interessiert sich niemand mehr für Samuel Koch.
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