Da geht man durchs Leben und denkt, man kennt sich aus. Bis im Schnellrestaurant eines Baumarkts jemand am Nebentisch sagt: „…ich finde der hat Flaschenschultern.“ Einen Moment lang vergesse ich, den Kaffee weiterzurühren, noch nie habe ich eine solche Bezeichnung gehört. Meine Ohren werden lang und wachsen bis zu der jungen Frau, von der dieser Befund stammt. Es geht um Jogi Löw. Sein Bild liegt in einer aufgeschlagenen Zeitschrift groß auf dem Tisch, und was ich nie gesehen habe, fällt mir nun auch auf: Die Schultern. Sie fallen tatsächlich ein wenig ab, der Hals erscheint dadurch länger. Ein Flaschenhals sozusagen, auslaufend in Flaschenschultern. Könnte das der Grund sein, warum Jogi Löw stets einen Schal trägt? Ist mehr Hals da, der frieren kann? Vielleicht versucht er auch einen optischen Trick: Der Blick wird auf den Schal gelenkt und verweilt nicht auf den Flaschenschultern.
Nachdem ich diesen Aspekt der menschlichen Anatomie staunend zur Kenntnis genommen habe, begegnen mir später beim Streifzug an Glühbirnen und Steckschlüsseln vorbei vereinzelt Menschen mit Flaschenschultern. Als wären die nach einem Knopfdruck soeben nach unten gerutscht. Plopp!