Leichter leben in Deutschland

Jeden Tag etwas Ungeliebtes tun. Wohl in keinem anderen Land käme es Menschen in den Sinn, sich am Abgrund fehlender Daseinsberechtigung so zu helfen. Hier schon. Lästige Pflichten sind das Geländer, an dem der gelernte Deutsche sich festhalten kann. Mache dich nützlich! Grandios.

Zwei Wochen ohne Festanstellung, und ich habe derart viel Ungeliebtes erledigt, dass es eine Wonne ist. Behördenkrempel sowieso, aber auch Schriftstücke, die seit Jahrhunderten in eine Schachtel geschmissen wurden, nie sortiert und selten reingeschaut. Im Urlaub (seit Jahren nicht länger als zwei aneinander liegende Wochen) fällt mir anderes ein als Steuergepfriemel und Ablage. Aber jetzt – aufgeräumt. Versicherungen, Krankenkasse, Bank – erstaunlich, was man alles findet. Und mein Fahrrad ist auch geputzt.

Abends habe ich alles Abgearbeitete auf einem Zettel vermerkt. Damit nichts versickert im Getriebe des Alltags. Es gibt ja keine Aufträge mehr, die jede Woche zur Abrechnung gebracht werden, ein ordentlicher Packen war das immer. Aber jetzt will ich auch noch etwas anschauen können, und sei es nur eine Liste. Aber eine lange.

Hey, ich bin gut!

(und so deutsch …)

10 Gedanken zu „Leichter leben in Deutschland

  1. Sherry

    Ach du meine Güte, Anhora. Ich überlege gerade, ob ich davon betroffen bin. Ich denke, seit ich arbeite / studiere wie’n Esel, ja. Ich falle, wenn ich mal nichts zu tun habe, in ein Loch. Ich beschrieb das in meinen Kommentaren folgendermaßen:

    „Nichtstun. Ein paradiesisches Wort. Etwas, worin ich damals Meisterin war, heute die Krise kriege. Sobald ich nichts tue, fange ich an, depri zu werden. Ganz schlimme Folgeerscheinung der Peitscherei in der Uni. Jedesmal, wenn die Semesterferien angefangen haben und ich mir sagte: “So, bis du für den Lernscheiß der nächsten Klausuren beginnen musst, kannst du dir nochmal eine Woche Ruhe gönnen” bin ich nach ein paar Tagen irgendie “depri” geworden. Aber das war kein echtes Deprisein. Das war, als hätte mir jemand diesen Stahlbalken aus dem Rückgrat genommen (namens Zeitdruck) und ich nun ohne das total instabil bin und dann in mich zusammenfallen muss quasi. Wir haben uns also an Druck gewöhnt, es hält uns irgendwie aufrecht.“

    Danke für deinen Text …

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    1. Anhora Autor

      Liebe Sherry, ich seh schon: Wir haben dasselbe Leiden. Ich weiß nun nicht genau, ob du deutsch bist oder nicht (dein Blog funktioniert grad nicht, Seiten-Ladefehler?“, deshalb weiß ich auch nicht ob es sich wirklich um ein deutsches Leiden handelt oder vielleicht um ein Frauenleiden. Auf jeden Fall: Schwer zu heilen. Deine Worte treffen es auf den Punkt.

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  2. Karin

    Hallo, ich bewundere dich – schön, dass du die Zeit genießen kannst…wollte heute M. meine HIlfe anbieten – auch das verzögert sich wohl um drei Wochen… schön, dass du die Zeit für dich – für euch – so genießen kannst – weiter so – wenn ihr do mal zeit habt – meldet euch… die Rathauskonzerte auf dem Marienplatz beginne – und ich – wir – sind am 10. Juli dran… bis bald mal… lg Ka´rin

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  3. sonnenblumenbummsbluete

    Ich finde, man braucht überhaupt keine fremdbestimmte Arbeit, bezahlt oder unbezahlt, um den Tag zu „füllen“. Ein arbeitsleerer Tag kann viel erfüllter sein mit dem, was man (in sich selbst) erLEBT. Ich hoffe, du fängst keinen neuen Job an, bevor du nicht gelernt hast deine Zeit zu geniessen.

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    1. Anhora Autor

      Die Frage ist, was man unter genießen versteht. Ich könnte mich nicht aufs Sofa legen und auf dem Schreibtisch türmen sich Dinge, die erledigt werden müssen. Aber wenn man Arbeiten sucht, die nicht sein müssten, nur dass etwas getan ist, wird es Zeit umzudenken, da hast du völlig Recht. Nichtstun würde mir aber schwerfallen, das gebe ich zu. So leicht legt man nicht ab, was jahrzehntelang von einem gefordert wurde.

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  4. runningtom

    Ich bewundere Dich, wie Du die Zeit nutzt. Eigentlich bräuchte man wirklich keine Arbeit um den Tag zu füllen. Wenn sich nur das mit dem Broterwerb anders regeln liesse.

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    1. Anhora Autor

      Mit solchen Dingen die Zeit zu nutzen, lässt einen jedenfalls nicht in ein Loch fallen. Das ist meine Erfahrung. Und ich hab noch viel vor …

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