Schlafsofa

Ich lehne in der Ecke der Ledercouch im Eingangsbereich, Leute gehen aus und ein. Ich schlage mein Buch auf, die Physiotherapie und Lympfhdrainage dauert etwa eine Stunde. Zu Hause liegt eine weitere Tüte mit Stahl- und Titanzeug drin, das befand sich vor kurzem noch im Bein meines Sohnes. Nach der letzten Operation ist sein Körper wieder metallfrei, und seither komme ich viel zum Lesen: Physiotherapie, Ergotherapie, Hausarzt, Orthopäde, ich kenne alle Wartezimmer. Der Junge kann noch nicht Auto fahren mit den frischen Wunden und starken Schmerzmitteln.

Während also sein Kniegelenk mobilisiert wird, komme ich nicht recht voran mit meinem Buch. Das freundliche Geplauder der Empfangsdame am Telefon oder die Geräusche aus dem Fitnessraum stören mich nicht. Aber das Radiogedudel im Hintergrund. Flaches Geschwätz, einfallslose Musik, ich versuche mich zu konzentrieren, aber – wie häufiger – die Sätze fangen an zu tanzen. Sie kippen nach hinten weg, ich ruckle auf dem Polster herum, kratze meinen Arm, richte mich auf, trotzdem fallen mir die Augen immer wieder zu. Ich habe Angst, dass es jemand bemerkt und vor allem, dass ich in der Tat einschlafe, zusammensacke womöglich oder schnarche, wie Mr. Bean in der Kirche. Meine Güte, sind das Herausforderungen …


 

3 Gedanken zu „Schlafsofa

  1. Anhora Autor

    @Sofasophia: Weder Kaugummis noch Naseputzen sind (Gott sei Dank) ein Wartezimmer-Thema bei mir, es ist nur der Kampf gegen das Einschlafen. Vielleicht les ich das falsche Buch?

    @RK: Bei mir vermischt sich da nix. Beim Einschlafen verschwindet alles in wohlutender schwarzer Leere. Für die Kreativität ist deine Veranlagung freilich besser, vielleicht befiehlst du dir im Traum, sofort wieder aufzuwachen und alles aufzuschreiben? Man kann das ja angeblich trainieren.

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  2. RK

    Beim Einschlaflesen vermischen sich bei mir die gedruckten Wortwendungen mit geträumten. Was ich unbedingt brauche, ist eine Maschine, die diese Skurrilitäten im Augenblick ihrer Entstehung ausdruckt.

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