Mit Silvesterraketen und Chinaböllern ist ein neues Jahr heraufgezogen und ich frage mich gerade, was daran neu sein soll. Die vor uns liegenden Zeitetappe mit unbekanntem Inhalt hat natürlich ihre Faszination, und nicht nur die Bleigießer würden gern hinter ihr Geheimnis kommen. Doch für viele wird es nicht mehr als eine Variante zahlreicher Vorgängermodelle sein, Version 2014.
Was soll denn auch kommen, sowieso bei mir, in meinem Alter, was ich in der einen oder anderen Form nicht schon kenne? Ich müsste schon zu drastischen Mitteln greifen, um vom Donnerschlag eines ersten Mals erschlagen zu werden: Mich nackt vor den Spiegel stellen und sagen: „Ich bin schön“ zum Beispiel. Oder zu Edeka gehen und ein Päckchen Kaugummi klauen. Oder dem geliebten Briten Recht geben, obwohl er nicht Recht hat.
Nichts davon liegt mir, und so denke ich zurück an das Leben, als es noch voll war mit nie-Gesehenem, nie-Erlebtem, und wie viel ich gelernt habe damals über Menschen und Lebensentwürfe, Grenzen und mich selbst. Bis es allmählich weniger zu entdecken gab, und ein anderes Leben nahm Platz. Eins, das nun gefüllt ist mit jungen Erwachsenen, die ich einst geboren habe, mit älter gewordenen Freundinnen und Freunden, auf die seit Jahren Verlass ist, mit breit getretenen Wegen und einer Ecke für mich. Ein gerechter Lohn für das anstrengende Abstecken und Einordnen von früher, damit lässt sich gut leben, auch wenn es nicht mehr jeden Tag krabbelt und perlt. Ehrlich gesagt: Ich hätte auch gar nicht mehr die Nerven dazu.
(Was nicht heißt, dass es keine Veränderungen mehr gibt. Ich kenne sie nur schon.)
Ich seh das anders: So vieles habe ich noch nicht ausprobiert, noch nicht gesehen, noch nicht bedacht, und langsam wird die Zeit kanpp. Ich mach dann mal vorwärts 😉
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Interessant, dass du das sagst, aber ich hoffe doch nicht, dass es noch so viel nicht-Erlebtes gibt, dass dir die Zeit nicht reichen könnte! 😉 Mir gehn die neuen Erlebnisse dagegen allmählich aus. Die erste Klasse, die erste Zigarette, der erste Mann, die erste Wohnung, das erste Kind, die erste Scheidung, die erste Sturm-und-Drangzeit, der erste Brite, und so viel dazwischen. Das erste Mal Ruhe würde mir gefallen. 😉
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wie wahr, liebe anhora. diese (sehn)sucht nach dem ersten mal … sie ist so zweischneidig.
du bringst es auf den punkt, bedürfnisse verändern sich beim älterwerden.
ein feiner text!
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Danke, ich freu mich dass dir der Text gefällt. Ja, Bedürfnisse ändern sich, man darf nur nie aufhören, sie aufzuspüren. Sonst kann man sie nicht stillen, egal ob sie neu sind oder nicht.
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