Ich hab die ersten Schneeglöckchen entdeckt. Im Supermarkt. Sie hatten sich sicher was anderes ausgedacht als in einem Stahlregal zur Welt zu kommen, aber es gehört zum Wesen jeder Geburt, nicht zu wissen wohin man kommt. Einer Schneeglöckchenzwiebel geht es nicht anders und sie wird sicher unruhig, wenn sie den jährlichen Trieb nach oben schickt. Sie weiß ja nicht, was über ihr ist, man sieht doch nix. Was in diesem Jahr ein flauschiges Gärtner-Beet ist, kann im nächsten ein Plastiktopf bei Netto sein. Oder die Zwiebel hat schon viele Frühlinge gesehen, aber niemand hat sie aus dem Schatten neben dem Parkplatz geholt.
Zerschrumpelt ist sie auch schon, ob das noch zum Blühen reicht? Sie könnte sich in ihre kleine Erdblase schmiegen und nichts wachsen lassen. Sie könnte beschaulichen Zwiebelträumen nachhängen und kein Kinderfuß fetzte ihr Laub nieder, keine Mauer stünde im Licht. Wenn es dort oben nur Frühlingswärme, Himmelblau und Bienengesumm gäbe, ja, das wäre etwas anderes. Aber man weiß nicht, was kommt.
Wenn ich eine Schneeglöckchenzwiebel wäre, ich glaube – ich würde es trotzdem wagen. Ich würde treiben. Schräg zur Sonne hin. Mut ist, wenn man’s trotzdem macht, ich würde südliche Knollen bilden. Ich wäre eine Wanderzwiebel.
Ich hab gerade eine Entdeckung gemacht, die mit dem ersten Schneeglöckchen im Jahr vergleichbar ist: Anhora schreibt wieder. Und wie sie das tut!
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Weil ich meinen einzigen Vorsatz fürs neue Jahr verwirkliche: Ich schalte keinen Fernseher mehr ein. Jedenfalls nur ganz selten. Seither hab ich genug Zeit für alle Dinge, für die ich nie mehr Zeit hatte. Schreiben zum Beispiel. 🙂
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Hast schön beschrieben, diesen Trieb ans ungewisse Licht.
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Danke! 🙂 Das Leben ist ein Risiko, aber wenn man deshalb den Mut verliert, bringt man sich auch um die Chance, etwas zu verändern.
Wünsch dir noch einen schönen Sonntagnachmittag!
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ach, was für eine wunderbar geschriebene metapher – mit genuss spinne ich sie in mir weiter. danke sehr!
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Viel Spaß beim „Spinnen“! 😉 Und danke für deinen Kommentar.
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