Nackenfrei

Am Bahnhof steht eine kleine Gruppe junger Leute locker um einen Rollstuhl herum. In ihm sitzt ein etwa 14jähriger Junge, sein Kopf ist weit zur Seite verrenkt und der Nacken glänzt weich, glatt und weiß in der Sonne. Am liebsten würde ich drüber streicheln, wie ich unzählige Male über die Nacken meiner Kinder gestreichelt habe. Jetzt entdeckt der Junge einen Hebel an seinem Rollstuhl und beginnt, vor und zurückzufahren, vor und zurück, auf die Straße zu. Ein junger Mann tritt hinter ihn und hält den Rollstuhl fest, sagt etwas.

Der Junge beugt den Kopf jetzt noch tiefer, ein Mädchen fasst ihn unter dem Kinn und hebt sein Gesicht nach oben. Ich starre immer noch auf diesen Nacken, der so angreifbar ist. Der Mensch braucht einen andern, der hinter ihm steht, der ihn aufrichtet, wenn er es braucht. Aber das gilt natürlich nicht nur für Menschen mit Behinderungen.

Das Mädchen hält dem Jungen jetzt ihr Handy vor die Nase und zeigt auf das Display. Er lacht, ein kehliges, kindliches Lachen, er hört gar nicht mehr auf damit, bis sein ganzer Körper zittert. Die andern lachen mit. Vielleicht hat der Junge ziemliches Glück.

2 Gedanken zu „Nackenfrei

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