Wenn ich diesen Klinikbesuchen überhaupt etwas abgewinnen kann, dann ist es die Architektur des Gebäudes. Jahrelang wurde es renoviert und erweitert, das Ergebnis ist spektakulär. Über lange Flure gelange ich von einem Wartebereich zum nächsten, viele Meter hohe Hallen mit Wänden aus Beton, Glas und sparsam eingesetzten Naturholzflächen, damit der Blick etwas zum Festhalten hat. Vereinzelt tauchen Stuhlreihen auf, Hartplastik, Chrom, streng geometrische Anordnungen, über denen wagenradgroße Leuchtscheiben schweben wie Ufos.
Ich habe mehrere Flügel hinter mir gelassen und finde die Station. Dort lerne ich ein neues Wort kennen: Pflegeüberleitung. Ich kenne Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege, Ersatzpflege, Pflegebegleitberichte, Diagnoseberichte, Pflegestufe, MDK und manches mehr. Pflegeüberleitung kenne ich noch nicht.
Zunächst setzt man mich aber in einen Schrank. So fühlt es sich jedenfalls an auf dieser mit weißem Leder bezogenen Bank, die in einer Aussparung der Wand neben der Anmeldung eingelassen ist. Eins dieser modernen Sitzelemente, die es hier überall gibt und auf dem ich einen Augenblick warten soll. Die Sicht ist auf ein Stück kalkweiße Wand beschränkt, an deren oberem Rand sich eine Reihe von Steckdosen befindet, darunter eine Tür mit der Aufschrift: „Hier finden Sie unsere Blumenvasen“.
Die Stationsleiterin setzt sich zu mir. Sie nimmt sich Zeit. Pflegeüberleitung ist, wenn die Rückkehr aus dem dem Krankenhaus in die eigene Wohnung nicht möglich ist, weil dort keine ausreichende Versorgung mehr gewährleistet ist. Dann muss man einen Pflegeplatz suchen. Es sind nun einmal alarmierende Wassereinlagerungen dazu gekommen, und wenn die Medikamente nicht konsequent eingenommen werden und der körperliche Zustand nicht ständig überwacht wird, erreicht es die Lungen. Dann wird sie ertrinken.
Betäubt schleiche ich in das Zimmer, in dem meine Mutter liegt. Ich betrachte die nagelneuen Möbel, schaue zum Fenster hinaus, hinunter auf die Stadt im versinkenden Nachmittagslicht.
Ich hatte grad einen unangenehmen Flashback beim Lesen deines Texts. Ich sag deshalb gar nix und schicke ein paar aufbauende Gedanken ins Universum.
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Lieben Dank. Ich meine mich zu erinnern, dass vor Jahren mal was in deinem Blog stand. (Vielleicht verwechsle ich es auch.)
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oooh weh, nein weder fünf sterne noch gefälltmir kann ich da klicken. zur schreibe zwar schon, nicht aber zu dir, zu deinem erleben, zu diesen schmerzen, zu dieser herausforderung.
ich wünsche so sehr, dass es einen guten übergang gibt, für alle beteiligten. dass sich deine mutter gut erholen kann. und es einen guten platz für sie gibt.
mit lieben gedanken fest bei dir, liebe anhora.
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So ging es mir, als ich deinen Artikel zum „Polizeiruf“ gelesen hatte. Da mochte ich auch nicht „liken“. Danke für deine lieben Worte. Nach zahlreichen Gesprächen mit zuständigen Personen bin ich schon ein ganzes Stück weiter. Wird schon werden.
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ich denke an dich …
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Wünsche deiner Mutter gute Besserung von Müller. Dir viel Kraft in dieser Zeit des Üerleitens.
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Vielen Dank, ich kanns grad brauchen!
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