Sinnvoll

Wenn man das Abo der regionalen Tageszeitung während einer längeren Abwesenheit nicht ruhen lässt, sondern an eine andere Adresse umleitet, dann bekommt man ein kleines Geschenk. Die Zeitung meiner Mutter wird also an mich geliefert, ich muss nicht mehr jeden Tag ihren Briefkasten leeren, der sonst überquillt, und als Dankeschön kam heute ein Reisenthel mini maxi Shopper. Faltbare Einkaufstasche nannte man das früher. Braun mit weißen Tupfen.

„Schau, das hast du vom Zeitungsverlag bekommen.“

Während die Krankenschwester eine Infusion prüft, hält meine Mutter das Päckchen zwischen den Fingern und dreht es ratlos hin und her. Dann lässt sie es auf die Bettdecke sinken und schiebt es mir zu. Natürlich. Sie braucht es ja gar nicht. So hübsch es auch ist – einen mini maxi Shopper für die Handtasche wird sie nie mehr brauchen. Also stecke ich ihn selbst ein und sinne darüber nach, was ihr in diesem Moment wohl gerade durch den Kopf geht.

12 Gedanken zu „Sinnvoll

  1. danielajaeggi

    Ein Paket mit Gesundheit hätte Deiner Mama wohl mehr genützt! Wie traurig – und doch so schön geschrieben! Und wie sehr es mir einmal mehr vor Augen führt, was wichtig ist im Leben! Danke 🙂

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    1. Anhora Autor

      Willkommen, ich freu mich über deinen Besuch hier und dass dir der Text – trotz schwierigem Thema – gefällt! Und ich stimme dir zu: Die meisten von uns regen sich über die falschen Dinge auf. Wenn man gesund ist und selbstbestimmt, hat man schon so viel.

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    1. Anhora Autor

      Das ist die zentrale Frage, SoSo: Was ist wichtig, wenn die Endlichkeit der Lebenszeit spürbar wird? Ich vermute, es sind ganz andere Dinge, als wir denken. Trotz teils massiver Einschränkungen haben hochbetagte Menschen oft einen starken Lebenswillen. Da ist irgendwas anderes wichtig geworden, für das es sich zu leben lohnt. Aber was?

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    1. Anhora Autor

      Hallo und vielen Dank für den Besuch hier, ich freue mich darüber!

      Natürlich könnte man irgendeine andere Verwendung finden für die Tasche, aber das ändert ja nichts. Im Alter oder bei schwerer Krankheit häuft sich eben dieses „Nie mehr“, in diesem Fall die Fähigkeit, Einkaufen zu gehen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie sich das anfühlt.

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      1. felsenfein

        Ja, stimmt… da gab smal so einen Text, alles zum letzten mal… der ist traurig.
        Ich habe grade so ein gutes Tröstebuch aus der Bücherei – soll ich Dir mal den Link schicken?
        Ich finde es halt wichtig das man den verbleibenden Tagen soviel Leben gibt wie möglich, das war so mein Gedanke dahinter 🙂
        Liebe Grüße

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        1. Anhora Autor

          Dein Gedanke macht mir gerade bewusst, dass ich mehr darüber nachdenke, was nicht mehr geht, anstatt darüber, was man mit dem Vorhandenen anfangen kann. Du hast ja so Recht! 🙂
          Ja, bitte schick mir den Link zu dem Buch.

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          1. felsenfein

            ich hoffe Du findest was in dem Buch, ich war sehr begeistert davon und ja, ich denke es ist wichtig nach den Möglichkeiten zu schauen. Es gibt immer Möglichkeiten im Jetzt und wenn es einfach ist die Gefühle zu fühlen, also wirklich zuzulassen was ist, das übe ich immer mehr und es ist gut weil es Frieden bringt mit dem was ist. Kannst ja mal sagen wenns Du es liest wie es ist und so 🙂

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