Letzte Woche: Als die familiären Angelegenheiten anlässlich des Todes meiner Schwiegermutter hinter uns lagen, setzten wir uns zum Abschluss noch in ein Pub. Dort wurden wir gegen halb zwölf Uhr rausgeschmissen, Sperrstunde. Die stuhlen dann nicht nur um einen herum auf, die machen auch das Licht aus, selbst wenn das Glas des Gastes noch halb voll ist. Der geliebte Brite und ich mussten also jeder ein halbes Pint Bier in einem Zug hinunterstürzen. Bei englischem Bier macht das aber nichts, ist ja wie Radler.
Solchermaßen angeschickert zogen wir weiter und kamen an einer Karaoke-Bar vorbei. Durch die Glasfront sahen wir ein paar Leute tanzen, ein älterer Mann röhrte auf einer kleinen Bühne ins Mikrofon, als gäbe es kein Morgen. Wir überlegten nicht lange und gingen hinein.
An die Bar gelehnt beobachteten wir Frauen, die an einem Tisch saßen und begeistert in jedes Lied miteinstimmten. Immer wieder kam jemand von der Straße herein, sang ein Stück, ließ sich beklatschen und ging wieder hinaus. Was für ein Spaß! Einmal tänzelte ein dünner, etwas zerfurchter Mann mit Wollmütze herein. Er hielt in jeder Hand eine Bierdose vor sich hin und bewegte sich mit leicht nach hinten geneigtem Oberkörper wie Kater Mikesch aus der Augsburger Puppenkiste. Mit seinen Bierdosen zog er langsam zwei Runden um die Tanzfläche herum, dann tänzelte er wieder hinaus.
Wir lachten uns kaputt. Two Tin Man nannten wir ihn. War es doch das schnell getrunkene Bier im anderen Pub, oder die nachlassende Anspannung der letzten Tage? Wir konnten nicht aufhören zu lachen, bis etwa eine Stunde später auch diese Bar anfing, die Schotten dicht zu machen. Ach so, wir sind ja in England. Eigentlich waren wir ja auch traurig, die Mutter des Liebsten ist tot. Aber an diesem Abend war noch genug Platz für die Freude am Leben.
Vielleicht hätte es ihr gerade gut gefallen, dass ihr euch (aneinander und) miteinander freut.
Liebe Grüße
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Ich glaube das auch, und sie war ja *irgendwie* auch die ganze Zeit bei uns. 🙂
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Wieder so ein schöner Text. Auf das Leben 🍻
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Danke! Und ja: auf das Leben. 🙂 Lass es uns genießen, denn es dauert nicht ewig.
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Wundervoll beschrieben !
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Danke dir! 🙂
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So gehört das. Wenn ein lieber Mensch gegangen ist, dann liegt im Weinen ein Kern Gelächter. (Und manchmal dicht dabei der Gedanke: das hätte ihm/ihr jetzt auch gefallen.) Gibt es nicht in der Literatur eine Menge heiter eskalierter wakes? Gleich mal suchen …
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Man sagt ja auch, dass beim sog. „Leichenschmaus“ (was für ein Wort …) oft am meisten gelacht wird. Es hat sicher auch etwas mit der nachlassenden Anspannung zu tun. In unserem Fall hätte die Mum aber sicher genauso ihren Spaß gehabt. Vielleicht hat sie uns von links oben oder so zugesehn und herzlich mitgelacht. Vielleicht waren wir deshalb so ausgelassen. 😉
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Liebe Anhora!
Des hosch schee gschrieba! I kanns mr richdig vorschdella. Muss scho luschdig sei, die englische Pabs send jo em allgemeina au emmr so schee urig gmietlich, zumindescht han i s so in Erinnerung. I kipp mr jetzt no n hoißa Tee hentr Binde, mol seha, was der für a Wirkung hot 🙂
I wünsch dr n schena Obnd
Grüßle lalalalaaa
Mallybeau
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Liebe Mallybeau, gmütlich sind die englische Pabs scho, aber halt bloß bis spädeschdens halb zwölf. Danach wirds exdrem u’gmütlich. 😉
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… es sei denn, mr mog Schlägereia mitm Wirt … 🙂
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