Auf dem Sofa in unserem Empfangsbereich sitzen zwei Kursteilnehmer: ein großer, kräftig gebauter Mann aus Afrika, und eine magere Frau um die Vierzig mit asiatischen Gesichtszügen. Sie unterhalten sich leise. Da es ansonsten still ist, höre ich vom Schreibtisch aus unfreiwillig zu. Der Mann sagt:
„Wie geht es hoidde?“
„Guut,“, zirpt sie mit hoher, gepresster Stimme und verbeugt sich leicht. Dann – mit dem Blick geradeaus, ohne sich umzuwenden:
„Wie | geht | es | Ihnen?“ Sie reiht die Worte aneinander wie Bausteine.
„Ooooh, gudd,“ sagt der Mann mit strahlender Stimme. „Viel Lerne.“
Klein und schmal sitzt die Frau da, sie erwidert nichts.
„Deine family in Doischland?“ fragt der Mann weiter.
„Ja,“ sagt sie nach kurzem Zögern, „mein | Mann.“
„Kinder? Hassdu Kinder?“ Ihre Schultern ziehen sich zusammen.
„Swei“, wispert sie.
„Ooooh,“ sagt er, „welke … aahmmm, year?“ Sie schaut ihn an und sagt nichts. Er streckt die Finger hoch, zählt ab. Da versteht sie.
„Swölf, und noin“, haucht sie.
„Kinder in Doischland?“ fragt der Mann. Sie nimmt sich Zeit, sucht nach Bausteinen. Dann:
„Meine | Kinder | sind | tot.“
„ooooh …“
Ich weiß nicht, woran die Kinder dieser Frau gestorben sind und warum sie ihre Heimat verlassen hat. Ich weiß nur, dass meine Kinder leben, und zwar in einem sicheren Land. Ich Glückspilz.
Au Mann.
Gelegentlich mal die eigenen Segnungen zählen.
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Ja, und aufhören zu jammern. Die Meisten haben keinen (wirklichen) Grund dazu.
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Ja wir haben es unglaublich gut hier 🙂 aber viele wissen es nicht zu schätzen 😦
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Mich hat es jedenfalls wieder einmal für längere Zeit sensibilisiert. Es gibt soviel Leid auf der Welt, und die Meisten von uns lernen das Meiste davon nie kennen. Wir können dankbar sein. 🙂
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Liebe Anhora…..still und leise les ich immer mit bei dir…..heute lese ich betroffen 😦 Liebe Grüsse aus der Stadt mit dem Seehasenfest 😉 Schönes Wochenende wünsche ich 🙂
Michi 🙂
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Liebe Michaela, ja, es ist eine traurige Geschichte und sie beschäftigt mich jeden Tag, wenn ich diese Frau sehe. 😦
Es ist aber schön, dich als heimliche Leserin heute kennenzulernen! 🙂 Danke dafür, und ein lieber Gruß nach FN! 🙂
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Ich ahne nicht böses… und plötzlich zieht das Leben mir mal wieder den Teppich unter den Füßen weg. Dann wird mir klar, wie gut ich es habe. Irgendwie sollte ich dankbarer sein, aber so oft vergesse ich das und stimme mit ein ins Genörgel in diesem Land 😦
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Mir gehts genauso. Als ich diese Unterhaltung hörte, fiel mir am Ende fast der Stift aus der Hand. Ich habe ja nun täglich mit Flüchtlingen zu tun und man sollte meinen, das relativiert vieles. Aber nein, man regt sich über zu viel Arbeit auf, oder weil man schlecht geschlafen hat, oder weil es im rechten oberen Nackenbereich ein bisschen weh tut … Als ob das wichtig wäre.
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Liebe Anhora!
Do muss mr echt schlugga. Ersch liest mr den Dialog ond s klingt au irgendwie luschdig und dann son Schluß. Mir send echt Gliggspilz. Do hosch Recht.
Wo hosch denn des scheene Alphornbildle gmacht? War des a Vranschtaldung uf dr Alb?
Grüßle
Mallybeau
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Mir gings genauso, als i dene zwoi zughört hab. Klingt luschdig. Und dann hon i denkt, i hör net recht …
Des Bildle hon i in Wolfegg gmacht, letztes Johr. Da war Adventsmarkt, unter anderem mit Alphornbläsern. War schee. 🙂
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Abr i fends toll, dass de emmr so Geschichtle ausm Gschäft vrzehlsch. So wies em Läba isch.
Ond uffm Bildle siehts echt schee aus. So a tübbischs schwäbischs Zammasei. Sichr au mit Glühwei ond r Brotwurscht, odr?
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Auf jeda Fall mit Glühwei und Brotwurscht! Und die Würscht sind in einer aufghängta Feuerschale brota worda, des war a Spektakel! 🙂
Jo es isch schee, wenn mr so gmütlich beianander sei derf, ohne drüber nochdenke zu müsse, ob vielleicht a Flugzeug auftaucht und Bomba abwirft.
I schaff no net lang in dieser Sprachkurs-Abteilung, und manches beschäfdigd mi scho …
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Jo des glaub i. Na ischs gut, wenn de hier schreibsch, na kenna mr drieber schwätza.
Des Wurschtschbegtakl kann i mir gut vorschtella. Ond mir droht am Samschdag dr Gang auf n Schoko-Weihnachtsmarkt. Ohjeje…
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Es isch alleweil stressig vor Weihnachta, gell? I denk fescht an di, wenn du durch den Schoko-Markt schlendra musch. Es wird sicher schwer … 😉
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Hach ja, s isch scho hart. Dr oinzige Vorteil isch, dass des alles Färträidproduggte send, ond die send ganz schee deier. Do sagt mein Geldbeidl dann au schnell: Noi, noi, des wird nemme kauft 🙂
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Aber man muss sich au was genna kenna. Spara kannsch nächst Woch wieder. 😉
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S isch aber echt vrdammt deier. Mr glaubst et, was do a Täfele Schoggi koschtet. I ka ja na genauer berichta, wie arm i gworda bin 🙂
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