Raumstrukturen

Heute beim Waldlauf: Ein gutes Stück vor mir spazieren zwei Frauen, die in derselben Richtung unterwegs sind wie ich. Ich überlege, auf welcher Seite sie am besten zu überholen sind und entscheide mich für Links. Beim Näherkommen zieht die Frau auf dieser Seite allerdings noch weiter zum Wegrand, ich schwenke also nach rechts. Auch dort scheint kein Durchkommen, die andere Dame nimmt geschickt die komplette Weghälfte für sich ein. Zwischen den beiden hindurchzustürmen, fände ich unhöflich. Apropos unhöflich – wieso machen die Frauen sich so breit?

„Ich wette, sie sind nicht von hier“, kommt es mir in den Sinn. Da sich die beiden angeregt und gestikulierend unterhalten, werde ich das gleich nachprüfen können. Ich schnaufe nun von hinten an sie heran, bereit durch Gebüsch zu rennen, und vor mir spricht man vernehmlich in höchstem Hochdeutsch. Recht gehabt, keine Süddeutschen. Nun werde ich offenbar gehört, denn die Frauen drehen sich um und schreiten sofort zur Seite, um mich vorbeizulassen.

Wie kam ich darauf, dass sie keine Einheimischen sind? Weil sich Fußgänger bei uns normalerweise auf einer Seite halten und ich kaum je überlegen muss, wie an ihnen vorbeizukommen ist. Nicht dass es wichtig wäre. Aber nehmen Leute in unterschiedlichen Landesteilen unterschiedlich viel Raum ein? Auf jeden Fall gibt es Menschen mit unterschiedlichem Platzbedarf.

Wie geht es denn auf euren Spazierwegen, in Bahn, Bus oder sonstwo zu?

 

22 Gedanken zu „Raumstrukturen

  1. Pega Mund

    schlängeln, schlängeln, geschmeidige, achtsam stetige weiterbewegung und sich eher groß und präsent fühlen als verwaschen und klein – meistens komme ich so ganz gut voran in menschenmengen, weder rempelnd noch gerempelt … 🙂
    schönen sonntagabend und lieben gruß,
    pega

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    1. Anhora Autor

      Das stimmt! Auf Feldwegen sieht man das, wenn regelmäßig Mähdrescher und Traktoren unterwegs sind. Da kann man nicht gut in der Mitte gehn, es ist unkomfortabel.
      Im vorliegenden Fall ist es aber ein breiter Waldweg ohne Rillen. 🙂

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  2. Zoé

    Mein Freundin meinte neulich auf einem vollen Bahnhof, ich würde gar nicht schauen, sondern einfach loslatschen und gar nicht auf andere achten. In dem Fall stimmte es auch, vermutlich, weil auf unseren Bahnhöfen einfach nichts los ist. Es stimmte aber auch, weil ich nicht alleine war, sondern damit beschäftigt war, die Wünsche meiner Freundin zu berücksichtigen. Und somit hast du vielleicht gleich 2 Antworten: Fremd in der Gegend und mit anderen Dingen oder Menschen beschäftigt.

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    1. Anhora Autor

      Aaaha. Du gehörst also zu der Spezies, über die sich andere wundern! 😉 Nachdem du nun aber auch die Gründe nennst, wundern wir uns ein bisschen weniger. 😉 Danke dafür!
      Nicht ganz ernst gemeintes Grüßle,
      Anhora

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  3. Reiner

    Das ist wahrscheinlich mehr eine Charakterfrage als Landes-spezifisch. Manche Menschen sind eben „Raum-fordernder“ als andere. Wobei – wenn sich zwei angeregt und vertieft unterhalten, wie die beiden im Wald, da kann man schon mal die Welt vergessen 🙂

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    1. Anhora Autor

      Das ausladende Nebeneinader scheint jedenfalls nicht üblich zu sein in unserer Region, sonst wäre es mir nicht aufgefallen. Aber natürlich waren die Frauen im Gespräch vertieft.
      Ich wunderte mich allerdings auch darüber, fällt mir grad ein: Die Frauen gingen ja so weit auseinander, dass sie laut reden mussten, um sich verständlich zu machen. Auch das ist unüblich bei uns. Wir mögen es nicht so, wenn jemand zuhört.
      Menschen sind eben verschieden, die Welt ist bunt. 🙂

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      1. Reiner

        An guten Tagen unterstelle ich solchen Menschen erst einmal eine gewisse Weltvergessenheit, vertieft, wie sie sind, in dem, was sie gerade tun.

        An anderen Tagen sind das einfach nur Zeitgenossen mit einem aufgeblasenen, fetten Ego. Raum-fordernde Hindernisse 😉

        Guten Morgen Dir !

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        1. Anhora Autor

          Lieber Reiner, du bringst mich zum Lachen! 🙂 Danke, dass du die Sache so auf den Punkt bringst, denn genauso sehe ich es auch. Ich tendierte gestern zur zweiten Variante, ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen natürlich, es kann ja Gründe geben. Deshalb interessierte es mich auch, wie andere es sehen. Danke für deinen Input! 🙂

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  4. Geschichten und Meer

    Ich wohne in München, und es ist ein eigenartiges Phänomen, dass die Hiesigen es schaffen, eine entgegenkommende Person auf einem drei Meter breiten und menschenleeren Bahnsteig anzurempeln (selbst wenn die entgegenkommende Person – ich – sich ganz, ganz rechts hält.

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  5. Mallybeau Mauswohn

    Liebe Anhora!

    Da han i no gar nie so driebr nochdacht. Bei ons isch des glaub meischtens so, dass, wenn dr Wäg a bissle broidr isch, viele wie beim Audofahra rechts laufet. Nadierlich net emmr. Abr Blatz macha dun se eigentlich älle. Ond i finds au emmr schee, dass mr sich hier mit „Grüßgott“ kurz grüßt, au wemmr sich et kennt. Des hot äbbes gmietlichs.
    Abr die Reigschmeggte waret ja au höflich, na hosch se jo et iebr da Haufa renna missa 🙂
    Reschbeggt, dass de bei derra Saukälde Schbort dreibsch!

    Grüßle ausm Schnee 🙂
    Mallybeau

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    1. Anhora Autor

      Genauso kenn i’s au: Man bleibt auf dr Seite und lasst Blatz für andre. Der Weg in unserm Wald isch ja recht breit, des musch ersch mol schaffe, so zum laufe, dass niemand mehr durchkommt. 😉
      Grüßt wird bei uns au immer, egal ob mr sich kennt oder net. A baar Verkniffene sind nadierlich au mol dabei, die saget nix. Drum woiß i au net, ob des Hiesige oder Reigschmeckte sind. 😉
      Und bei der Kälde zum renne, isch total schee! Viel besser als im Sommer in dr Hitz. 🙂
      Sportlichs Grüßle
      Anhora

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      1. Mallybeau Mauswohn

        Ha des schdemmd nadierlich. Bei großr Hitz zum laufa isch brudal. Do ischs jetzt scho besser. Mr muss bloß uffbassa, dass oim koine Eiszapfa an d Nos frierat 🙂

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  6. freudenwege

    Ich denke das liegt weniger daran, woher man kommt, sondern vielleicht daran, ob man sich genau in dieser Spazierumgebung auskennt. Wenn man zum Beispiel weiß, dass dort viele Jogger und Fahrradfahrer vorbeikommen, dann geht man automatisch so, dass diese Platz haben. Ist man in der Gegend fremd (das kann aber auch nur 5 Km entfernt vom zu Hause sein), weiß man dies nicht und wenn man dann noch dazu tendiert viel Raum einzunehmen.. nunja..
    Ich muss sagen, dass ich meist wenig Raum einnehme, da ich weiß wie nervig es ist, wenn man ständig schauen muss, wie man an anderen vorbeikommt. Wer das Problem kennt, der macht eher Platz. Aber vielleicht ist es auch ganz anders? Wer weiß!
    Mir fällt es schwer nachzuvollziehen, wie man so viel Raum einnimmt, ohne an andere Menschen zu denken.. Aber jeder Jeck ist anders..
    Liebe Grüße und ein angenehmes Wochenende,
    Julia

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    1. Anhora Autor

      Vielen Dank für deine Gedanken zu dem Thema. 🙂 Dass du (genau wie ich) Platz lässt für andere, zeigt dass das sich etwas „Breitmachen“ offenbar keine norddeutsche Eigenart ist. 😉 Mir ist aber gelegentlich schon bei Menschen aus dem Ruhrpott aufgefallen, dass sie lauter und einnehmender sind. Aber vielleicht ist das auch nur ein Klischee.

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