Was vielen von euch bekannt sein könnte, muss jemand wie ich unserer neuen Zeit zuordnen, um es glauben zu können: Eine Platzanweiserin am Eingang der Kirche, ein Desinfektionsmittelspender statt Weihwasser und Gläubige, die gefühlt einen Kilometer voneinander entfernt sitzen. In Zweiergruppen immerhin.
Der Priester schreitet maskiert zum Altar und beginnt mit den Gebeten. Es wird nicht gesungen. Man weiß ja, dass Viren in Aeosolen aus der Atemluft mehrere Meter zurücklegen können. Deshalb spielt ein älterer Organist bei jedem Lied die Einleitungsmelodie, springt dann auf und singt ganz allein – nunmehr unbegleitet – von der Empore herunter alle Strophen durch. (Ohne führende Akkorde hören sich Kirchenlieder schräg an. Oder der Organist kann nicht singen.)
Nach der Lesung und Predigt wendet sich der Priester um und beginnt, seine Hände ausgiebig mit einem Desinfektionsmittel zu walken und und zu kneten, minutenlang, so scheint es mir. Erst dann tritt er wieder zum Altartisch und berührt Kelch, Wein- und Wasserkrug zur Heiligen Wandlung.
Von einem Kirchendiener in Freizeitjacke wird jetzt ein flipchartartiges Gestell herbeigerollt, dessen obere Hälfte aus einer Plexiglasscheibe besteht. Maskiert und mit vorgeschriebenem Abstand stellen sich die Gläubigen im Mittelgang auf und empfangen die Hostie, die der Priester unter der Scheibe durchreicht wie am Fahrkartenschalter eines Bahnhofs.
Zurück zur Bank geht es über die Seitengänge.
Ich besuche selten einen Gottesdienst. Auch dieses Mal kam es nur dazu, weil es sich um eine Trauerfeier für jemanden aus der Familie handelt. Aber was soll ich sagen? Die Messe ist so verrückt wie alles andere, was Corona hervorbringt. Also eigentlich normal.
😂😂😂 Danke für die launige Zustandsbeschreibung! Ich gehe nicht zum Gottesdienst, darum kann ich herzlich lachen. Liebe Grüße und eine dicke mentale Umarmung! 💝Regine
LikeGefällt 1 Person
Ich bin ja auch keine Kirchgängerin, möchte den Besuch im Nachhinein aber nicht missen. 😏
LikeGefällt 2 Personen
Kann ich mir vorstellen!
LikeGefällt 2 Personen
In den kirchen wird hier bereits wieder gesungen, wie wenn Corona nur ein böser traum gewesen wäre….. Eine stumme, maskierte umarmung ist sicher weniger gefährlich!
Bisous vom meer
LikeGefällt 2 Personen
Ich hoffe die Gläubigen halten wenigstens genug Abstand in der Kirche. Ich habe gehört, dass laut Sprechen und Singen tatsächlich hochriskant ist, die Viren weit zu verteilen.
LikeGefällt 2 Personen
Das katholische Ritual ist ja nie vernünftig gewesen. Ich meine: Der Leib Christi, der sich in dünne Oblaten verwandelt… Aus einem Kelch darf man ja schon lange nicht mehr trinken. Ich glaube, das wurde mit der Pest abgeschafft. Mir tat der Pfarrer immer leid, wenn er am Ende der Kommunion den Kelch mit Wein allein auf einen Zug leeren musste. Wie schaffte er es, danach ohne zu lallen den Rest des Gottesdienstes sauber über die Bühne zu bringen? Das war das wahre Wunder.
LikeGefällt 4 Personen
Das Weintrinken machen die Evangelischen aber immer noch, dachte ich? Ich war mal in einer großen Anglikanischen Kirche (St. Paul’s Cathedral) und habe dort zum ersten und einzigen Mal während eines normalen Gottesdienstes aus einem Kelch getrunken. Der Priester hielt einem den Kelch an den Mund und wischte ihn nach jedem Schluck einer Person mit einem Tuch ab. Da möchte man nicht wissen, was auf dem Tuch alles so herumhängt …
Aber sowas stärkt das Immunsystem, sag ich immer. Ich bin da nicht so pingeling. Und für den Priester war sicher nicht mehr viel übrig am Ende. 😉
LikeGefällt 4 Personen
Ich finde die Handhabung – nicht nur in der Kirche – teilweise schon sehr krotesk.
Schönen Restsonntag
Ulrike
LikeGefällt 1 Person
Das ist es auch. Andererseits sitzt in der Kirche eine Risikogruppe. Was solls also, sicher ist sicher. 😏
LikeGefällt 1 Person
😉 Danke!
LikeGefällt 1 Person
Da dürfen wir mit klar kommen. Oder auch nicht. Alles mache ich schlicht nicht mit. Namen in offene Listen schreiben zum Beispiel.
Liebe Grüße.
LikeGefällt 2 Personen
Mich wundert auch, dass es dazu nicht mehr Protestgeschrei gibt. Ich finde es unmöglich, mich in offene Bücher einzutragen mit Name und Adresse. Mach ich auch nicht.
LikeGefällt 2 Personen
Wenn, dann mit Künstlernamen und Künstlertelefonnummer …
LikeGefällt 2 Personen
So wurde mir das hier auch berichtet. Beten auf Distanz. Kann man das nicht ebenso gut daheim?🤔
LG sk
LikeGefällt 1 Person
Für manche ist die Gemeinschaft sicher wichtig. Dafür ist die Kirche ja auch da, wenn es nicht gar die wichtigste Funktion ist. In der Kirche triffst du aber immer Leute, die du kennst. Jedenfalls in den kleineren.
LikeGefällt 1 Person
Ja und genau das fehlt ja gerade. Jeder hält sich doch irgendwie zurück. Ich wäre froh, wenn ich wieder Hände schütteln dürfte.
LikeGefällt 3 Personen
… und umarmen! Das fehlt mir sehr, im Büro vor allem. Wir mögen uns einfach und können es nicht mehr richtig zeigen. Alles so kompliziert.
Aber um überhaupt andere Menschen zu sehen und mit ihnen zu sprechen – dafür eignen sich die klein gewordenen Gruppen in den Kirchen schon. Habs ja gerade erlebt, die kannten sich alle, und ich fand das schön.
LikeGefällt 3 Personen
Umarmung vermisse ich auch
LikeGefällt 2 Personen
Danke, fuer diese Beschreibung unseres „neuen Alltags“. Gibt einem wirklich zu denken wie das weitergehen wird.
Einen schoenen Restsonntag wuensche ich Dir,
Pit
LikeGefällt 1 Person
Danke, ich wünsche dir auch einen schönen Sonntag! Den Segen dazu hab ich ja, ich schick dir etwas davon. 🙂
LikeGefällt 1 Person