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„Selig seid ihr, es wird euch gut ergehen“

Von der Mythologie her befinden wir uns auf geheiligtem Boden. Auf der Insel Samos wurde die Göttin Hera geboren, später heiratete sie hier den Göttervater Zeus. Hera gilt auf der Insel als Wächterin der Geheimnisse des ehelichen Lebens, als Schutzpatronin der Ehe und als Geburtsgöttin.

Wenn das nicht passt, hatte ich gedacht beim Anflug auf Samos. Aber beim Gebären sind wir aktuell noch nicht. Erst einmal wurde geheiratet auf Samos, und zwar vor einer Woche und mit so viel Glamour wie sicherlich einst das Götterpaar.

Meine Tochter und ihr griechischer Mann haben sich nun also nicht nur vor der Welt, sondern auch vor Gott das Ja-Wort gegeben. Unsere Familie hat jetzt deutsche, österreichische, schweizerische, britische und griechische Mitglieder. Was für ein Fest! Wir freuen uns so.

 

Und wenn man schon mal da ist, genießt man natürlich die herrliche Insel, die vom Massentourismus zumindest auf der Südseite noch nicht entdeckt wurde.

Die Wahrheit über den Sirtaki

Rechter Fuß Schritt rechts seitwärts
Linker Fuß kreuzt hinter rechtem Fuß
RF rechts seitwärts
LF vorn überschwingen …

Wusstet ihr, dass der Sirtaki gar kein griechischer Tanz ist? Und schon gar nicht traditionell?

Er wurde 1964 erfunden, und zwar zur Filmmusik von Mikis Theodorakis für den Film Alexis Sorbas. Angeblich soll der Hauptdarsteller Anthony Quinn tänzerisch nicht begabt gewesen sein und  man wollte es ihm leichter machen. Der Schauspieler selbst erklärte die Erfindung der Tanzschritte mit einer Fußverletzung. Durch den Film wurde der Sirtaki weltweit bekannt und viele Nicht-Griechen halten ihn für den Inbegriff des griechischen Tanzes. Dabei sollte auffallen, dass es nur eine einzige „Sirtaki“-Melodie gibt, die wir natürlich alle kennen. D-rrmmm ….

„Sirtaki“ ist übrigens die Verkleinerungsform von Syrtos, und das ist der eigentliche griechische Volkstanz, ein Kreistanz. Der Sirtaki wird dagegen meist zu zweit getanzt mit den Armen über den Schultern des Nachbarn.

Griechische Tänze? Kann ich. Jedenfalls ein bisschen. Ich hab es mir auf Youtube genau angesehn.

Gelegenheit zum Üben habe ich am Samstag: Im letzten Jahr gab die Tochter nämlich das Ja-Wort zu ihrem Mann vor der Welt, am Samstag gibt sie es vor Gott. Und zwar in Griechenland, der Heimat des Schwiegersohns.

Das wird ein Fest!

Rechter Fuß Schritt rechts seitwärts
Linker Fuß kreuzt vor rechtem Fuß

 

Redewendungen

Zu einem Getränk braucht man etwas im Mund. In Griechenland jedenfalls. Wein oder Bier ist offenbar nichts im Mund, oder nicht genug.

Wir sitzen in einem Straßencafe, drei Gläser Ouzo stehen vor uns auf dem Tisch und eine kleine Schale mit Nüssen.

„Die Nüsse sind übrigens dazu da, dass wir etwas im Mund haben“, sagt die Tochter. Sie lebt seit einem halben Jahr in Griechenland und kennt diese nette Redewendung. „Neulich war ich zum Beispiel bei einer Bekannten auf ein Gläschen Wein und sie sagte: ‚Ich schau mal was im Kühlschrank ist. Damit wir etwas im Mund haben‘. Griechen nehmen ein Getränk nicht einfach so zu sich. Man bekommt traditionell (in Touristenhochburgen ist es anders) etwas zum Knabbern dazu. Damit man etwas im Mund hat.“

Ich hatte den Mund jedenfalls viel zu voll. Eine Woche lang Kebab, Mousaka, Tsatsiki, Octopus Balls auch, was es eben gab. Danach – ich erzähle aus der Retrospektive – hatte ich fast drei Kilo mehr auf den Hüften. Wie jedes Jahr. Jetzt werden wieder Gürkchen geknabbert, das muss reichen im Mund.

Schön wars!

 

Kardamena-Strand (2)

Nicht hinunterspülen!

„Do not throw paper in the toilet. Please use the bin“. Wie wahrscheinlich jeder Tourist halten wir das Schild über der Toilette in unserem Hotelzimmer für einen Übersetzungsfehler: „Bitte kein Papier in die Toilette werfen. Benutzen Sie den Abfalleimer“. Der Hinweis, dass es um Papiertüten für Damenhygiene oder sowas geht, fehlt. Übrigens auch die Papiertüten, aber wir sind in Griechenland. Da nimmt man es nicht so genau.

Auch in öffentlichen Toiletten finden wir solche Schilder, merkwürdig: auch in Männer-WCs. Wir denken nicht weiter darüber nach, irgendeinen Grund wird es schon geben. Wahrscheinlich haben die Griechen ihn selbst vergessen, es kann unmöglich „so“ gemeint sein. Wir haben längst festgestellt, dass es hier keine feststehenden Regeln gibt, erst recht nicht „so eine“, wenn es sie wirklich gäbe. Griechen entscheiden situativ, ob Vorgaben Sinn machen oder nicht, und dem ist durchaus etwas abzugewinnen.

Eine Ausnahme gibt es aber doch. Wir erfahren sie erst kurz vor unserer Rückreise von der Tochter, die in Griechenland lebt: Papier – ja, auch benutztes Toilettenpapier – darf niemals in die Toilette geworfen werden! Es ist davon auszugehen (nachgeprüft habe ich es nicht), dass selbst Griechen sich an dieses Verbot halten. In jeder Toilette steht ein Abfalleimer bereit.

Warum? Wegen der Rohre. Ihr Durchmesser sei zu klein und durch das Papier entstehen schnell Verstopfungen. Man fragt sich, warum keine dickeren Rohre verlegt wurden, wo doch von Anfang an klar war, welchem Zweck sie dienen. Wir vermuten, dass eher Probleme mit der Kanalisation auf Griechisch, also unschlagbar entspannt beseitigt werden: einfach kein Papier mehr reinwerfen. Spart Gestank, Arbeit und Kosten. Das Klopapier von ein paar ungläubigen Touristen kann das Abwassersystem wahrscheinlich gerade noch aushalten.

 

Straßenkünstler

Die Verkehrssituation in Griechenland entspricht der Mentalität der Bewohner: Sie ist entspannt. Die Durchschnittsgeschwindigkeit schätze ich auf 40 km/h, denn die Autofahrer passen sich den Gegebenheiten an: enge, oft kurvige Straßen, auf denen ständig Fußgängern unterwegs sind, die es nicht eilig haben. Vielleicht weil Gehwege nicht vorhanden oder nicht nur eingeschränkt sind.

Kardamena_GehwegGehweg in Kardamena / Griechenland

 

Auch auf die zahlreichen Rollerfahrer muss geachtet werden. Auf dem Sattel sitzen bis zu drei Personen, die elegante oder ältere Griechin gerne im Damensitz. Vereinzelt wird ein Helm getragen, wahrscheinlich Touristen. Die Mehrheit trägt keinen.

Auf jeden Fall sind die Fahrer Akrobaten. Wir haben mit eigenen Augen beobachtet, wie ein älterer Herr mit einer Hand telefonierte und mit der andern seinen Roller lenkte. Und beim Besuch in unserer Lieblings-Strandbar staunen wir jeden Abend, wenn gegen elf Uhr ein Teenager mit seinem Roller aus einer der belebten Seitenstraßen zum Vorschein kommt, einen großen Müllsack in Empfang nimmt, den er über die Schulter wirft und mit einer Hand festhält, während er mit der anderen Hand den Roller steuert, zurück durch die Menschenmengen.

Erlaubt ist das möglicherweise nicht, aber die Polizei hat anderes zu tun als Rollerfahrer zu verfolgen. Im südlichen Teil der Insel Kos sind angeblich ganze zehn Polizisten im Einsatz.

 

Kardamena (8)

Octopus Balls

Kein Scherz: In Griechenland isst man Octopus Balls. Für alle der englischen Sprache nicht mächtigen Leser: bitte hier nachschlagen. Und ja. Das ist hier eine Vorspeise. Wir beugen uns über die Menükarte eines Restaurants in Pothia auf der Insel Kalymnos, und stoßen auf diese im Englischen irritierende Bezeichnung.

 

Kardamena_Octopus2

 

Gemeint sind natürlich nicht „die“ Balls, die im ersten Moment unsere Augenbrauen nach oben zucken lassen. Es handelt sich um – im Deutschen weitaus unverfänglicher bezeichnete – Bällchen. Oktopus-Bällchen.

Jedenfalls esse ich keinen Oktopus, Tintenfisch, Calamaris oder wie man es auch nennt. Ich habe nie verstanden, was an frittierten

Gummiringen schmecken soll. Um einen Oktopus jedoch in Bällchenform bringen zu können, muss man ihn vorher pürieren, und das ist der Unterschied. Das Ergebnis ist eine derart fein schmeckende Speise, dass ich ein Bällchen nach dem andern wegputze, als gäbe es kein Morgen.

Ob ich wirklich nur Fangarme gegessen habe oder nicht doch ein wenig Hödchen dabei war, will ich nicht wissen. Mir hat’s geschmeckt!

 

PS: Wer in Griechenland Griechen treffen will, ist auf der Insel Kalmynos gut aufgehoben. In der malerischen Haupt- und Hafenstadt haben wir keine ausländischen griechische Touristen gesehen. Ein Ausflug hierher lohnt sich!

http://www.yeome.de/kalymnos-reise.html

http://griechenland-insider-urlaub.de/Dodekanes/Kalymnos/Pothia

 

Ozeanspektakel

Ich blicke aufs Meer und denke im erste Moment: Kardamena erwartet einen Terroranschlag. Der Tag begann wie die letzten Tage auch: Wir schlappen in Flipflops am Strand entlang, Salzluft bläst uns ins Gesicht und das Meer funkelt in der Morgensonne wie ein Silberteppich. Aber in diesem Glitzern zeichnet sich heute im Dunst des Horizonts die Silhouette eines Schiffs ab. Kein Ausflugsschiff oder Fischerkahn, auch kein Linienkreuzer ist hier vor Anker gegangen, sondern ein monströses Boot mit Radarschirmen an einem Mast, die die Umgebung scannen.

„Ist das ein Militärschiff?“ frage ich den geliebten Briten. Auch er starrt auf das Objekt in der Ferne und runzelt die Stirn.

„Aber nein“, murmelt er, „dann wäre es ja nicht weiß“. Ach so. Ich überlege, welchen Sinn Camouflagefarben auf dem Ozean haben. Müssten Kriegsschiffe nicht tiefblau sein, um schwerer entdeckt zu werden? Zumindest bei überwiegend sonnigem Wetter?

„Ich denke, es ist die Eclipse“, fährt er fort, „von Abramowitsch.“ Aha. Wer oder was ist Abramowitsch?

kardamena-yacht

Den männlichen Lesern braucht man es wahrscheinlich nicht zu erläutern, aber die eine oder andere Leserin weiß vielleicht so viel über die Eclipse wie ich: nichts. Die Eclipse ist die zweitlängste Yacht der Welt (von innen sieht sie so aus) und sie gehört dem russischen Milliardär Roman Abramowitsch (10 Dinge über Roman Abramowitsch).

Im Ort erfährt man Widersprüchliches. Sicher ist nur, dass diese Yacht auf ihrer Kreuzfahrt durch die Ägäis etwa einmal im Jahr vor der Küste der Insel Kos auftaucht. Manche sagen, Abramowitsch komme hier in Kardamena an Land und hinterlasse enorme Trinkgelder. Andere meinen, jemand geht von oder an Bord, weil der Flughafen nur 10 km entfernt ist.

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Später – die Yacht hat inzwischen gewendet – schwimme ich ein Stück aufs Meer hinaus, näher heran. Ich schaue zu, wie sich an der Seite ein zuvor unsichtbares Tor hebt. Dann fährt eine Art Plattform heraus, darauf ein Beiboot, das langsam ins Wasser abgesenkt wird. Es sieht aus wie in einem Science-Fiction- oder James-Bond-Film. Ich kann mich nicht losreißen.

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Zur Strafe muss ich lange zurückschwimmen, weil ich ein gehöriges Stück hinausgetrieben worden bin. Zeit zum Nachdenken darüber, dass dieses Schiff über ein Raketenabwehrsystem verfügt, gepanzerte Fenster sowie ein U-Boot für eine mögliche Flucht.

 

Nachts krähen die Hähne

Klingt sie nicht wundervoll? Die Überschrift, meine ich. „Nachts krähen die Hähne“ fiel mir während unseres Urlaubs in Griechenland ein, in der Nacht, im Bett, und sie hat etwas Literarisches, wie ich fand. Ich lag wach und überlegte eine Weile lang, was man mit diesen Worten assoziieren würde, eine Erzählung voller Rätsel zum Beispiel oder kontemplative Gedankengespinste, von mir aus ein Krimi, aber die ganze Geschichte ist: In unserem Hotelzimmer sind nachts Hähne zu hören. Sie krähen in der Ferne vor sich hin, stundenlang, langgezogene Klagelaute, als suchten sie Hilfe oder Trost beim Mond.

Von deutschen Hühnerställen kennt man das nicht. Hier kommentiert der Gockel den Anbruch des Tages mit einem kräftigen Kikeriki und damit hat sichs. Der griechische Hahn hingegen scheint sich zu einem Nachtvogel entwickelt zu haben. Warum, weiß ich nicht, vielleicht ist ihm tagsüber zu heiß. Auf jeden Fall klingt sein Krähen anders. Oder liegt es an der veränderten Wahrnehmung in der Nacht?

Kardamena City

Wer seine englischen Sprachkenntnisse auffrischen will, sollte nach Griechenland reisen. Genauer gesagt nach Kardamena auf der Insel Kos. Wer hier am Strand steht und aufs Meer hinausblickt, sieht in der Ferne die türkische Küste schimmern. Wer sich dann umdreht, sieht aneinandergereihte Strandbars mit Schildern, auf denen „10PM Bingo – Midnight Quiz“, Greg’s Place“, The Galleon Inn“ und dergleichen steht.

In den Restaurants erwarten den Touristen neben ein paar traditionellen griechischen Gerichten vor allem Pasta, Pizza und Fleischgerichte wie Roastbeef und Ähnliches. An den Nebentischen wie auch tagsüber am Strand lassen sich die zum Teil vernehmlich geführten Konversationen in bestem Manchester/Lancashire-Akzent mühelos mitverfolgen und man erfährt ein wenig aus dem Leben der Beteiligten (ob man will oder nicht). Mit anderen Worten: Der Ort ist fest in britischer Hand.

Neben den akustischen Eindrücken ist auch eine beeindruckende Optik zu bestaunen. Zum einen haben die Damen und Herren aus dem Vereinigten Königreich mitunter erheblich mehr an Körperfülle aufzubieten als hierzulande, zum andern muss der häufig zu besichtigende Körperschmuck erwähnt werden. Es ist immer interessant, was Menschen in anderen Ländern oder Kulturkreisen schön finden, und bei diesen sind es Tattoos, für die in der Regel auch genug Fläche zur Verfügung steht. Deshalb sind Arme, Beine, Brustkörbe und Rücken üppig mit Bildern und Ornamenten ausgestattet, und zwar auch bei Älteren. Und bei Frauen. Und älteren Frauen.

 

Kardamena-Pub

Kardamena-Tafeln

Kardamena_Bar2

Das Nachtgetränk (Urlaubsnachlese)

In ein Trinkglas wird eine kleine Menge Ouzo gegossen, mit Eiswürfeln aufgefüllt, dann kommt Wasser darüber. Das Getränk wird dann milchweiß und schmeckt wie Ouzo mit Eiswürfeln und Wasser: erfrischend, mit leichtem Anisgeschmack. Kostet zweifünfzig in einer der Strandbars von Kardamena auf der griechischen Insel Kos und man kann ohne Weiteres jeden Abend zwei bis drei davon trinken. Vorausgesetzt, man macht das nicht über längere Zeit und hat zuvor für eine gute Grundlage gesorgt. Diese besteht zum Beispiel aus Pita, Tsaitsiki, Oliven, Mousaka, Souflaki, Kalamares und so weiter. Der Tag sollte nach ausreichendem Schlaf begonnen haben und auf einer sonnenbeschirmten Strandliege fortgeführt worden sein, die nur von Zeit zu Zeit verlassen wurde, um im etwa 27 Grad warmen, kristallklaren Meer ein wenig hinauszuschwimmen, aber nicht zu weit.

Unter diesen Voraussetzungen also schmeckt Ouzo zur späteren Stunde am besten und bleibt ohne peinliche Nebenwirkungen, ich habs getestet.

Yamas!

Kardamena-Strand