Archiv der Kategorie: Spanien

Beleuchtete Grüße nach irgendwo

Im Urlaub besuchten wir das Kloster Santa María de la Rábida in der Nähe von Huelva, Spanien. Hier hat sich Kolumbus aufgehalten, bevor er auf die große Reise ging. Wir betraten auch die kleine Klosterkapelle und ich zündete drei Kerzen an: Eine für meine Mutter, eine für Schwiegermutter Nr. 1 und eine für Schwiegermutter Nr. 2. Dazu musste ich aber keine Kerze in die Hand nehmen: Ich warf nur drei Münzen ein und nacheinander begannen drei Kerzen automatisch zu leuchten. LEDs. Keine Sauerei, sichere Bezahlung, wiederverwendbar. Da sag noch einer, die Kirche geht nicht mit der Zeit. Es sind die drei Kerzen links in der zweiten Reihe von unten.

Fällt mir grad so ein, zum Muttertag.

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Das schreiende Denkmal – II

Was wir hier sehen, ist kein Protest gegen die Taube, die auf dem Kopf der Skulptur gerade Mittagspause macht. Es handelt sich auch nicht um das Zeter und Mordio eines Unterdrückten aus der Vergangenheit, obwohl … Zeter und Mordio ist nicht ganz falsch. Es wird aber äußerst kunstvoll gezetert, und zwar hauptsächlich über die Unerreichbarkeit der Liebe und Ähnliches. Was wir hier sehen, ist das Denkmal für Antonio Mairena, ein berühmter spanischer Flamenco-Sänger aus Sevilla. Dort steht es auch.

Mit dem Flamenco ist es übrigens ein bisschen wie mit Dirndl, Lederhosen und Schuhplattler – die ganze Welt denkt, das sei Deutschland. Es ist aber nur Bayern, und der Flamenco gehört zu Andalusien. Er hat eine lange Geschichte, die unter anderem von den Gitanos geprägt wurde, einer Roma-Gruppe.

Eine der Theorien über die Entstehung des Namens ist die Bedeutung des spanischen Worts Flamenco: Flamingo. So sieht der Tanz auch manchmal ein bisschen aus.

 

Das schreiende Denkmal – I

 

Siesta

Egal ob Mittagshitze oder nicht – der Spanier braucht nachmittags seine Ruhe. Zu dieser Tageszeit sind nur vereinzelt Touristen unterwegs, die Einheimischen wie ausradiert. Selbst bei der Besichtigung eines kleinen Klosters werden wir um dreizehn Uhr rausgeworden: Siesta. Um vier dürfen wir wiederkommen. Läden lassen die Jalousien herunter, Cafes und Tapas-Bars bleiben nur in Hotels und größeren Städten geöffnet. Und wenn man dort dann am Nachmittag auftaucht, wird man nicht gerade überschüttet mit Freundlichkeit. Nur die herrlich vollgestopften Asia-Shops – die haben immer auf.

Als gelernter Urlauber ist man von Touristenstädten gewohnt, dass die Geschäfte Umsatz machen wollen, dass die Menschen leben wollen von den ausländischen Gästen. Ihre Auslagen stehen Tag und Nacht vor geöffneten Türen und man braucht nur einen Moment zu verharren, schon zeigt sich eine Verkäuferin oder ein Verkäufer.

In Spanien scheint Umsatz nicht erste Priorität zu haben. Vielleicht steht das Zusammensein mit der Familie an oberster Stelle, oder ausreichend Schlaf, oder der berühmte spanische Stolz („Behalt deine Kröten, ich bin nicht darauf angewiesen“), ich weiß es nicht. Egal. Ich muss nicht alles wissen. España es diferente.

Mülltrennung

Es waren einmal ein Mülleimer und eine Mülleimerin. Die standen beieinander an einem südlichen Strand und hatten im Winter nichts zu tun, als auf das Meer hinauszublicken. Wie aber das Wasser kam und ging im ewigen Wechsel, wie der Wind ihre Deckel klappern ließ wie verträumte Trommeln, wie die Sonne ihr milchiges Licht auf sie fließen ließ – da wuchs etwas zwischen den beiden. Und als der Abendhimmel einmal die Wellen besonders rosa leuchten ließ, da gestanden sie einander ihre Liebe.

Dann kam der Frühling und mit ihm ein Bodenleger. Der schob die Tonnen auseinander und verlegte einen Holzweg zwischen ihnen, auf dass die Menschen im Sommer bequem zum Wasser gelangten. Da weinte die Mülleimerin, dass ihr Müllsack tropfte. Sie sehnte sich nach dem Liebsten, der weit weg stand auf der anderen Seite, und auch dieser war nicht zu trösten.

Eines Tages kam ein Strandgänger vorbei. Die Eimer riefen: „Hilf uns, hilf uns. So können wir nicht leben, bring uns wieder zusammen!“ Doch die Mülleimersprache klingt wie Fliegengebrumm und Bienengesumm. Der Mann glaubte zwar, etwas gehört zu haben und wandte sich um. Allein, er entdeckte nichts und … … ging weiter.

Da begann die Mülleimerin auf ihren hohen Stelzen hin- und herzuschaukeln. Sie hoffte, mit etwas Schwung könnte sie zur Seite fallen und neben dem Mülleimer zu liegen kommen. Aber ach, es gelang ihr nicht. Und als es warm wurde und die Menschen kamen, dachten sie wieder an andere Dinge.


Es sei denn: Jemandem von euch fällt ein anderer Schluss ein! Wie könnte die Geschichte weitergehen?

Danke fürs Mitmachen! Nachfolgend eine mögliche Alternative, die natürlich auch anders aussehen könnte dank eurer Impulse. Ich habe mich aber für diese entschieden:


Da begann die Mülleimerin auf ihren hohen Stelzen hin- und herzuschaukeln. Sie hoffte, mit etwas Schwung könnte sie zur Seite fallen und neben dem Mülleimer zu liegen kommen. Aber ach, es gelang ihr nicht. Und als es warm wurde und die Menschen kamen, dachten sie wieder an andere Dinge.

Statdessen rutschte sie aber nur tiefer in ihre Halterung, und das sah die vorbeiwabernde Abfallfee aus einem fernen Land. Erfreut über das Bemühen der Mülleimerin nach Ordnung und Korrektheit – so war es in ihrer Feenheimat nämlich Sitte – sprach sie zur Eimerin: „Da du deine Aufgabe so ernst nimmst, werde ich dir einen Wunsch erfüllen!“ Die Mülleimerin überlegte nicht lange und bat darum, für immer neben dem geliebten Mülleimer bleiben zu dürfen. So geschah es. Und wenn sie nicht umgefallen sind, dann stehn sie dort noch heute.

 

Muh!

Diese fröhliche Wandmalerei entdeckte ich letzte Woche in Huelva. Und da fiel mir Mallybeau ein, die Wiederkäuerin von der BLOGHÜTTENALM!

Leider sind meine Spanischkenntnisse miserabel bis nicht-existent, deshalb weiß ich nicht, was die Kuh uns sagen will. Versteht von euch jemand, was in der Sprechblase steht?

Gut gebrüllt, Spanier!

Wir setzen uns in ein kleines Straßenrestaurant in den Schatten, bestellen Bier und Tapas, beobachten die Menschen an den anderen Tischen der umliegenden Restaurants. Wie immer unterhalten sie sich lautstark.

Privatsphäre scheint in Spanien kein schützenswertes Gut zu sein. Wer sich in Restaurants oder Cafes derart vernehmlich unterhält, kann kein Interesse an Diskretion haben. In Deutschland unterhält man sich in der Öffentlichkeit hinter vorgehaltener Hand – in Spanien schreien sich die Leute an, als stünden sie auf dem Fischmarkt.

Wir machen also eine neue Erfahrung in diesem Urlaub: Wenn Menschen zusammentreffen, veranstalten sie einen Heidenlärm und niemanden störts. Es wäre vielleicht spannend, wenn wir die Sprache verstehen könnten, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht ist alles nur Small Talk und es geht gar nicht darum, was gesprochen wird, sondern dass gesprochen wird.

Es könnte ja sein, dass Gruppenzugehörigeit in Spanien ein wichtiger Wert ist. Oder die Menschen befürchten, dass ihre Anwesenheit ohne einen gewissen Geräuschpegel nicht wahrgenommen wird und dass dann etwas Schlimmes passiert. Oder Einzelgänger werden wie Aussätzige wahrgenommen und man will einen solchen Eindruck unbedingt vermeiden. Ich weiß es nicht.

Nach einer Woche haben wir uns jedenfalls daran gewöhnt und finden die Menschen in Deutschland nach unserer Rückkehr ein bisschen verkniffen.

Essen wie Gott in Spanien

Nach einer Woche in Andalusien kann man natürlich keine Aussagen über das ganze Land machen. Ich rede also nur von einer Beobachtung, die wir in der kurzen Zeit an ein paar wenigen Orten gemacht haben. Und die ist: eine Riesensauerei. Auf den Tischen meine ich, nach dem Essen. Wenn Spanierinnen und Spanier sich vom Essen erheben, hinterlassen sie angebissene Brötchen, halb aufgegessene Teller, Reste im Trinkglas, verstreute Krümel und zerknüllte Papiertücher.

Ihr Leitgedanke ist offenbar nicht wie in Deutschland ein „Sorry, dass ich da bin, ich mach auch möglichst wenig Dreck“, während wir das Besteck auf den Teller legen, die Serviette ordentlich gefaltet dazu, eventuelle Verpackungspapierchen daneben, das Brot haben wir über dem Teller abgebrochen, sodass die Brösel dort landeten und nicht auf dem Tisch.

In Spanien scheint die Idee eine andere zu sein: „Ich war da, es hat geschmeckt und so habe ich viel gegessen. Sieht man ja daran, wie es auf dem Tisch aussieht.“ Und das steckt an. Schon nach wenigen Tagen übten wir es auch, wenngleich wir noch in der Anfängerklasse spielen.


Aber selbst heute, als wir die mitgebrachten Oliven, Schinkenscheiben, Cracker usw. auf dem Tisch ausbreiten, machen wir es wie die Spanier: Wir verteilen bei der Mahlzeit eine Menge Zeug und beeilen uns nicht mit dem Abräumen. Schließlich hats geschmeckt.

Eindrucksvoll

Dienstag: In Sevilla bei über 30 Grad in einer kleinen Plaza im Schatten gesessen. Vor uns ein kühles Glas Bier und Tapas, wir nehmen Anlauf für den Besuch im Alcázar-Palast.

Mittwoch: In München bei 1 Grad plus gelandet. Schnee- und Graupelschauer.

Da träum ich mich doch gleich wieder weg!

Weiter unten kommen ein paar Bilder des Alcázar von Sevilla, doch es sind nur Andeutungen. Man kann dieses Bauwerk weder beschreiben noch in Fotos zeigen, man muss durch die Räume, Innenhöfe, Gärten und Hallen geschritten sein und diese Pracht auf sich wirken lassen. Es ist beispiellos, ich habe so etwas noch nie gesehen.

Das Gebäude war einst eine maurische Festung, auf deren Ruinen im 14. Jahrhundert ein Palast für König Pedro I entstand. Dieser wurde im Lauf der Jahrhunderte immer weiter ausgebaut im Mudéjar-Baustil, der islamische und christliche Elemente harmonisch kombiniert (wenn das im modernen Leben nur auch so wäre). Ins Auge fallen vor allem die typischen geometrischen Muster der maurischen Kunst, die kaum einen Winkel auslässt.

Die Gemächer und Patios blieben trotz der Hitze kühl und wurden angenehm durchlüftet. Allerdings waren sie auch alle hoch, hatten dicke Mauern und keine Fenster. Ideal für eine Siesta also.

Wen’s interessiert: Die Gärten des Palastes waren u.a. Drehort für die Wassergärten von Dorne in der TV-Serie Game of Thrones.

Mehr:
Der Alcázar von Sevilla

Die Mudéjar-Baukunst

 

Karfreitag

So feiert man hier also Karfreitag: mit Prunk und Prozessionen, wie es nur Südeuropäer können. Wir stehen in einer Menschenmenge mitten im Herzen von Huelva in Andalusien, gaffen auf die geschmückten Balkons, die Heligenbilder und Blumen an den Hauswänden und auf die vermummten Gestalten, die im langen Büßergewand auf der abgesperrten Straße vor uns vorbeiziehen.

Wir hören monotone Trommelklänge, und nun kommt die Himmelsmutter langsam auf uns zu. Sie steht überlebensgroß auf einer mit Blumen und Kerzen überreich geschmückten Plattform, Schmerz zeichnet ihr überirdisch schönes Gesicht. Ich muss kämpfen, dass mir nicht die Tränen kommen.

Im monotonen Takt der Trommeln wird die reich verzierte Madonna von gut dreißig Männern unter ihr im Synchronschritt auf den Schultern getragen. Dadurch wippt sie leicht hin und her, und wenn man sich den Unterbau wegdenkt, dann sieht es tatsächlich aus, als würde sie selbst gehen. Aber das kann sie natürlich nicht. Trotz all ihrer Herrlichkeit muss sie von Menschen getragen werden, damit sie sich bewegen kann. Und so ist es mit dem Glauben ja irgendwie auch.

Der riesigen Sänfte mit der Heiligenfigur folgt eine Musikkapelle mit Trommlern und Trompetern. Sie spielen Lieder, aus denen man die andalusische Seele heraushört – mal melancholisch, mal leidenschaftlich, wie beim Flamenco.

Die Konstruktion mit der Statue wird nun direkt vor unseren Augen abgesenkt, die Träger bekommen eine Pause von einigen Minuten. Ihre Last ist tonnenschwer, und sie tragen sie auf Nacken und Schultern stundenlang über etliche Kilometer hinweg von der Kirche durch die Altstadt und wieder zurück. Dafür trainieren sie monatelang, und sie werden Schmerzen und Blutergüsse davontragen. Dabeisein zu dürfen, ist ihnen trotzdem eine große Ehre, obwohl sie hinter den rotgoldenen Brokatvorhängen am Wagen nichts sehen und nicht gesehen werden. Sie werden von den vorausschreitenden Anführern geleitet.

Der Zug kommt wegen der häufig notwendigen Unterbrechnungen nur langsam voran, aber irgendwann erscheint die nächste Gruppe an Büßern und Ministranten, die nächste Heiligenfigur – diesmal eine monumentale Kreuzigungsszene – und wieder eine Musikkapelle mit Trommeln und Trompeten.

Huelva-Karfreitag

Später steht plötzlich ein Mann vor dem Wagen und singt voller Leidenschaft ein Flamenco-Lied, allein, mit einer Stimme, die weit zu hören ist.

Der Sänger ist der Mann mit dem weißen Hemd direkt vor dem Wagen.

Den ganzen Abend und wahrscheinlich die ganze Nacht werden in vielen Städten des Landes jeweils mehrere Prozessionen mit solch kostbaren Altären durch die Straßen getragen. Die Zuschauer scheinen nicht so ergriffen wir ich. Sie schauen zu, unterhalten sich, klatschen, überqueren die Straße, reden mit Teilnehmern aus dem Zug, zeigen sich. Touristen sehen wir fast gar keine, es sind vor allem Spanierinnen und Spanier, die hier den Tod und das Leben von Jesus Christus feiern. Die ganze Karwoche hindurch gibt es alle Arten von kirchlichen Veranstaltungen.

Mehr darüber:

http://www.andalusien360.de/events/semana-santa

http://www.ciao.de/Alles_mit_S__Test_2912306