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Schmeckt nicht gibt’s nicht

In unserem Getränke-Vorrat fand ich kürzlich eine Weinflasche mit brauner Flüssigkeit drin. Halbvoll. Meine Mutter gab sie mir vor einiger Zeit zusammen mit ein paar anderen alkoholischen Getränken, die sie nicht mehr haben wollte. Den offenbar vergessenen und sauer gewordenen Wein wollte ich wegschütten damals, aber sie hatte gerufen, etwas anderes sei in die Flasche gefüllt worden, kein Wein.

Was immer es war – es befand sich auf unserem Wohnzimmertisch. Wir hielten die Nase über den Flaschenhals und rätselten. Schnaps könnte es sein, doch die Farbe passt nicht dazu. Verdorbener Schnaps? Unmöglich bei Spirituosen, wusste mein Liebster und füllte zwei Schlückchen in Gläser. „Cheers,“ hauchten wir uns zu uns nippten. Zum Glück nur genippt. Es schmeckte wie Sidolin und hinterließ einen fauligen Nachgeschmack. Ich schob das Glas weg.

Den größten Teil seines Lebens verbrachte mein Liebster übrigens im Norden Englands,  halber Schotte also. Ein Schotte aber verschmäht etwas, das nichts gekostet hat, noch weniger als ein Schwabe. Er ließ das Getränk also nicht stehen, sondern kostete mit spitzen Lippen ein weiteres Mal. Nach dem dritten Mal hustete er und meinte: „Smeckt Okay“. Meins blieb verdorben und ich goss es – nein, nicht in den Ausguss, bin Schwabe – zurück in die die Flasche.

In der folgenden Zeit nahm er immer wieder mal ein Schlückchen und lobte den fruchtigen Geschmack. Ich nippte gelegentlich an seinem Glas und merkte jetzt auch: Es duftete nach Pflaumen. Oder Äpfel? Obst jedenfalls. Wir tippten auf Calvados oder Armagnac.  Der Nachgeschmack wurde merkwürdigerweise schwächer und war eines Abends ganz verschwunden. Aber was mochte es sein? Etwas Edles? Das feine Aroma und der pikante Geschmack ließen es vermuten.

Was es tatsächlich war, wusste nur meine Mutter. Als ich endlich einmal daran dachte zu fragen, erzählte sie von der Flasche, die heruntergefallen war und einen Sprung bekommen hatte, so dass der Inhalt in eine Weinflasche umgefüllt worden war. Es ist Cognac. Kein teurer, kein billiger, kein verdorbener und kein auserlesener, sondern ein ganz  normaler Haus-Cognac. Und jetzt – schmecke ich es auch!

Zum Warmwerden

Bevor wir gestern Abend ins Pub gingen, haben wir zu Hause einen Whiskey getrunken. Wie die Kids, die sich zum „Vorglühen“ bei irgendeinem von ihnen treffen und zusammen bechern, weil’s Stimmung macht und billiger ist. Danach geht’s auf die Gass. Wie die Kids also standen wir gestern in der Küche herum, fühlten uns aber wie James Bond, denn wir schütteten nicht Wodka oder Jägermeister in uns rein, sondern hielten lässig ein Glas mit teurem Whiskey in der Hand. Schlückchen für  Schlückchen spülte das goldene Getränk den Stress des Tages hinunter und schon nach wenigen Minuten interessierte mich, was mein Partner zu erzählen hatte. Eine für Freitagabend  ungewöhnliche Freundlichkeit strömte aus mir heraus. Ich wurde gesprächig, wir unterhielten uns, lachten, der Abend fing ganz anders an als sonst.  Es war, als hätte ich an einem Wintertag im Hemd draußen gestanden und dann einen Mantel angezogen:  Ich spürte  keine Kälte mehr.

Wenn ich schon nicht rauchen darf, dann werd ich halt Alkoholiker, dachte ich. Nein, natürlich nicht, das war ein Scherz. Ich beginne nur gerade zu verstehen, wie es dazu kommen kann.



Hoffentlich hilfts

Wirklich: Ich trinke wenig Alkohol. Nur am Freitagabend im Irish Pub zwei oder drei Schorle, selten mal einen Whiskey. Trinken ist des Genusses nicht wert, ermahne ich die Kinder immerzu. Glücksgefühle im Alkoholdunst sind nun einmal künstlich und der Vergleich mit nüchternen Betrachtungsweisen ist gefährlich. Auf keinen Fall würde ich mögliche Folgen verharmlosen. All das stimmt. Aber an Tagen wie heute, an denen man sich neun Stunden lang zerrissen hat, um das Arbeitspensum zu schaffen, die Übersicht nicht zu verlieren, den Umgangston neutral zu halten, an denen der Nacken schmerzt und vor der Firma der Straßenbelag aufgehämmert wurde – an solchen Tagen braucht man abends einen Ramazzotti. Zum Wohl allerseits. Ich hoffe ihr braucht keinen.

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Der lange Weg zum Feierabend …

… wird kürzer mit Chantré. Nein, hier folgt keine Werbung für alkoholische Getränke, es fällt mir nur auf. Seit ein paar Tagen stehen hier nämlich Flaschen herum mit hochprozentigem Inhalt, seit Jahren gereift im Wohnzimmer meiner Mutter und dann mir übergeben, da nicht mehr gebraucht. Früher hätte sie ein Schlückchen Cognac nicht verschmäht und Namen wie Sliwowitz, Ouzo oder Jim Beam kenne ich seit meiner Kindheit. Wobei Jim Beam bei uns ausgesprochen wurde wie Jim Bimm und mir gefiel das Wort immer, weil es klingt wie Bimm Bamm.

Jedenfalls war mein Tag wenig erfolgreich heute. Die Arbeit fraß mich auf, zwei Aufträge konnte ich nicht wie zugesagt ausliefern, eine Reklamation klemmt in meiner Magengrube. Erst nach sieben kam ich heim, aufgewirbelt und zerfahren und da, neben dem Telefon, atmeten die Flaschen. Ich hatte sie zunächst einmal dort abgestellt und seither überlegt, was mit ihnen anzufangen sei. Heute wusste ich es. Ich griff nach einer der angebrochenen und es ist Chantré. Ein paarmal genippt und jetzt spüre ich ein bisschen Feierabend. Das Karussell in meinem Kopf fährt langsamer, bald kann ich aussteigen. Wenigstens für heute Abend.