Letzte Woche: Als die familiären Angelegenheiten anlässlich des Todes meiner Schwiegermutter hinter uns lagen, setzten wir uns zum Abschluss noch in ein Pub. Dort wurden wir gegen halb zwölf Uhr rausgeschmissen, Sperrstunde. Die stuhlen dann nicht nur um einen herum auf, die machen auch das Licht aus, selbst wenn das Glas des Gastes noch halb voll ist. Der geliebte Brite und ich mussten also jeder ein halbes Pint Bier in einem Zug hinunterstürzen. Bei englischem Bier macht das aber nichts, ist ja wie Radler.
Solchermaßen angeschickert zogen wir weiter und kamen an einer Karaoke-Bar vorbei. Durch die Glasfront sahen wir ein paar Leute tanzen, ein älterer Mann röhrte auf einer kleinen Bühne ins Mikrofon, als gäbe es kein Morgen. Wir überlegten nicht lange und gingen hinein.
An die Bar gelehnt beobachteten wir Frauen, die an einem Tisch saßen und begeistert in jedes Lied miteinstimmten. Immer wieder kam jemand von der Straße herein, sang ein Stück, ließ sich beklatschen und ging wieder hinaus. Was für ein Spaß! Einmal tänzelte ein dünner, etwas zerfurchter Mann mit Wollmütze herein. Er hielt in jeder Hand eine Bierdose vor sich hin und bewegte sich mit leicht nach hinten geneigtem Oberkörper wie Kater Mikesch aus der Augsburger Puppenkiste. Mit seinen Bierdosen zog er langsam zwei Runden um die Tanzfläche herum, dann tänzelte er wieder hinaus.
Wir lachten uns kaputt. Two Tin Man nannten wir ihn. War es doch das schnell getrunkene Bier im anderen Pub, oder die nachlassende Anspannung der letzten Tage? Wir konnten nicht aufhören zu lachen, bis etwa eine Stunde später auch diese Bar anfing, die Schotten dicht zu machen. Ach so, wir sind ja in England. Eigentlich waren wir ja auch traurig, die Mutter des Liebsten ist tot. Aber an diesem Abend war noch genug Platz für die Freude am Leben.