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Verschiebebahnhof

Neulich in Zürich Oerlikon vor dem Bistro und Restaurant „Gleis 9“, direkt neben den Gleisen: Es ist kaum glauben, das Gebäude ist länger und größer als gedacht. Wir gehen einmal darum herum, betrachten es von oben bis unten und versuchen uns vorzustellen, wie das technische Wunder vor ein paar Jahren möglich war. Schweizer Leserinnen und Leser wissen sicher, wovon ich rede.

Ich aber hatte noch nie davon gehört, dass der einstige Verwaltungssitz einer Schweizer Maschinenfabrik (MFO) vor ein paar Jahren um 60 Meter verschoben wurde! Das Areal war für den Ausbau des Bahnhofs benötigt worden, und da hatte man ihn „einfach“ (kleiner Scherz) ausgegraben, Stahlträger unterbaut, diese mit Beton fixiert, darunter Bodenplatten verlegt und ein Hydraulikschienensystem angebracht. Innerhalb von zwei Tagen bewegte man dann den kompletten Bau zu seinem neuen Standort, der übrgens auch 17 cm höher liegt.

Überall sonst hätte man das hübsche Gebäude wahrscheinlich abgerissen, aber die Schweizer mit ihrer Innovation und Präzision hatten eine bessere Idee. Der Welt fiel vor Staunen die Kinnlade herunter, und nun – etwas verspätet – auch mir.

Zehn Fragen und zehn Antworten zur MFO-Verschiebung

Gleis 9 – Videos

Der Hardy-Baum

Auf unseren Friedhöfen werden Gräber meist nach zwanzig Jahren entfernt, wenn nicht gerade VIP-Stars darin liegen. In anderen Ländern ist das nicht so.

In London z.B. gibt es den Friedhof St. Pancras, von dem vor etwa zweihundert Jahren ein Teil für den Bau der Midland Railways Line benötigt wurde. Obwohl die Gräber im fraglichen Bereich schon hundert oder zweihundert Jahre alt und zum Teil wohl auch vergessen waren, wäre es respektlos gewesen, die Überreste einfach zu entsorgen. Also wurden sie  ausgegraben und an anderer Stelle unter einer Esche wieder bestattet. Die Grabsteine wurden um den Baum herum angeordnet, wo sie im Lauf der Jahre zum Teil überwachsen wurden.

Projektleiter dieser Umsiedlung war der Dichter Thomas Hardy (1840-1928), der in jungen Jahren als Architekt arbeitete, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Inspiriert von seiner gruseligen Aufgabe verfasste er das folgende Gedicht:

The Levelled Churchyard
O passenger, pray list and catch
Our sighs and piteous groans,
Half stifled in this jumbled patch
Of wrenched memorial stones!
We late-lamented, resting here,
Are mixed to human jam,
And each to each exclaims in fear,
‚I know not which I am!’

Der planierte Friedhof
Oh Wanderer, sieh nur und hör
unser Seufzen und klagendes Stöhnen
das halb erstickt aus Gewirren
entrissener Grabsteine dringt!
Gott hab uns selig, wir liegen zu
menschlicher Pampe vermengt,
und einer ruft ängstlich dem anderen zu
Ich weiß nicht mehr, wer ich bin!“

© Anhora

Die Übersetzung entspricht nicht genau dem englischen Text, klingt aber besser als eine wörtliche Übertragung. Mehr dazu auf www.kuriositas.com.