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Gipfeltreffen

Horizon Field nennt sich eine Ansammlung von Eisenmännern. Hundert von ihnen stehen im Bregenzer Wald in den Bergen herum, lebensgroß, verstreut auf 150 km2, alle auf einer Höhe von 2.039 m. Wir sitzen nach einem steilen Aufstieg kaputt in der Krieghorn-Alpe und entdecken weiter oben zwei der Statuen. Feierlich wachen sie über den Berg, das Tal, die Welt, obwohl sie aus der Entfernung ganz klein sind. Die Sonne lässt das Metall glänzen, ein Fremdkörper in den Bergen, deshalb schaut man hin. Einen weiteren suchen wir dann auf. Während wir mit hängender Zunge angekraxelt kommen, erhebt sich die starre und doch grazile Figur vor uns in völliger Ruhe. Sein Körper ist nackt und aus massivem Stahl, tief verankert in einem Fundament. Für ein Foto lege ich sacht meine Hand auf seine Hinterbacken. Bei lebensechten Statuen hab ich immer ein bisschen Angst, dass sie sich plötzlich bewegen und Kurt Felix springt aus den Büschen, während ich vor Schreck tot umfalle. Aber der Mann neben mir bleibt fest. Er hat so viele Touristen über sich ergehen lassen – ihn erschüttert nichts. Der hat Recht.

Horizon Field vom britischen Künstler Antony Gormley.

 

… spielendes Blatt …

Raus aus der Wohnung, rauf auf den Berg. Gestern nach Bregenz gefahren, Pfänder bestiegen, 650 m Höhenunterschied  in 1 ½ Stunden. Danach ist man frei von störendem Tiefenkram.

Der Fußpfad beginnt hinter dem Parkplatz, wir schulterten die Rucksäcke und los. Steil. Es bleibt wenig Zeit, um Gedanken nachzuhängen. Vergangenes, Job, Chefs, Zukunftsgespenster –je weiter man nach oben schnauft, desto mehr zählt nur noch: Wie turne ich über die Steine, ohne mir die Knöchel zu verknaxen? Wie geht das Herumstochern mit den Wanderstöcken am Besten? Wie krieg ich den Lehm von den Schuhen?

Auf dem Gipfel ist es dann, als wäre der ganze Mist des derzeitigen Lebens durch ein Sieb gelaufen. Unten tropft raus, was von Bedeutung ist: Nicht viel. In der Sonne sitzen zum Beispiel, durchatmen, die Waffeltüte mit Himbeereis in meiner Hand. Eine Stunde lang saßen wir da, vielleicht zwei. „Mein Glück ist ein spielendes Blatt im Sommerwind …“ fiel mir ein. Ruhe. Das andere blieb im Tal, unwichtig.

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