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Ansichtssache

In der Bäckerei um die Ecke arbeiten manchmal fesche junge Männer aus afrikanischen und arabischen Staaten. Es sind Aushilfen oder Praktikanten, deshalb geht es mit dem Bedienen meist nicht so schnell. Man sollte auch deutlich sprechen, um verstanden zu werden, aber alle sind fleißig, motiviert und augenscheinlich mit Freude bei der Sache. Was sind da schon zwei Minuten länger, denke ich jedes Mal und: Bravo. So funktioniert Integration. Wann immer es möglich ist, kaufe ich mein Brot in dieser Bäckerei.

Heute auch. Diesmal steht aber nicht der hübsche Gambier hinter der Theke, sondern eine füllige, blasse junge Frau mit dünnem Haar. Dem Namensschild nach stammt sie aus Osteuropa. Ich sage meine Bestellung auf und sie schaut mich mit flatterndem Blick an, sucht bei den Backwaren, eine Stamm-Verkäuferin wird hinzugerufen. Ich drehe meinen Geldschein hin und her und ertappe mich dabei, ungeduldig zu werden. Im nächsten Moment könnt ich mich watschen dafür, ich erschrecke über mich selbst. So funktioniert Integration nicht.

Passiert es euch auch manchmal, dass ihr mit zweierlei Maß messt?

 

Reisetipp

Ich denke gerade verträumt an ein Highlight zurück, während ich Bewertungen für die Hotels und Unterbringungen unserer Reise vergebe. Wer vorhat, irgendwann einmal in den Nordosten von England zu reisen, dem empfehle ich diese Perle: das Granary Guest House in Berwick-upon-Tweed.

Ich war hingerissen von der Ausstattung im Boutique-Stil: Da wird gekonnt und mit Liebe zum Detail eine moderne Einrichtung mit traditionellen englischen Elementen kombiniert – luxuriös, aber nicht aufdringlich. Es handelt sich um ein Bed&Breakfast-Angebot, man ist also in einem (geräumigen) Wohnhaus untergebracht. Es gehört Pam und David Waddell aus Schottland, die so herzlich um ihre Gäste bemüht sind, dass man gar nicht mehr gehen will. David fuhr uns zum Beispiel bei unserem Tagesausflug nach Edinburgh unaufgefordert zum Bahnhof (zu Fuß wären es etwa zehn Minuten gewesen), weil es zu regnen begonnen hatte. Und Pams Frühstückskreationen könnten sich jederzeit in einem Edelrestaurant sehen lassen, selbst das Haggis! Massagen werden auch angeboten, dafür hatten wir jedoch keine Zeit. Der Übernachtungspreis hält sich im Rahmen, wir hatten über Tripadvisor ein günstiges Angebot erwischt.

Aber natürlich begeistert mich auch Berwick selbst, schon durch seine Geschichte beim Umgang bei kriegerischen Auseinandersetzungen (ich berichtete). Der Ort hat durch seine Grenzlage einen Sonderstatus und muss Kriegserklärungen wie auch Friedensverträge separat unterzeichnen. Beides wurde beim Krimkrieg mit Russland vor vielen Jahren einfach vergessen, und darauf setze ich: „Berwick für alle!“  und Frieden für die Welt.

Ansonsten handelt es sich um eine gepflegte kleine Stadt mit gut erhaltenen Befestigungsanlagen aus dem Mittelalter. Es gibt ein paar Läden, Restaurants und Galerien sowie wunderschöne kleine Parks und Fußwege am Tweed entlang oder am Meer. (Berwick liegt an der Mündung). Es liegt etwas Nordisch-Schroffes und zugleich Verzauberndes über  diesem Ort, der zumindest Ende August nicht von Touristen überlaufen ist, sondern ein Geheimtipp unter Engländern zu sein scheint. Ich finde: Berwick und das Granary Guesthouse sind die perfekte Umgebung für ein ❤ romantisches Wochenende ❤ zu zweit!

Eins ist allerdings Voraussetzung: Man muss sich auf Englisch einigermaßen verständigen können. Hier spricht niemand deutsch.