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Schön und gut

Auf meiner Stirn befinden sich parallel zueinander zwei tiefe, senkrechte Falten. Sie verschwinden schon lange nicht mehr und es sieht immer ein bisschen aus, als ärgere ich mich. Gelegentlich dachte ich deshalb daran, mir da Botox reinjagen zu lassen, ist aber teuer. Nun stehe ich vor dem Spiegel. Ich geh nah ran, wieder zurück, drehe mich von einer Seite zur andern, betrachte unter verschiedenen Lichtverhältnissen meine Stirn. Ganz klar. Sie ist glatter geworden. Sie fühlt sich sogar ein bisschen anders an. Als klebe ein dünnes Pflaster drauf und hindere die Haut daran, sich zu furchen.

Es liegt vielleicht daran, dass ich tiefer schlafe in letzter Zeit. Oder mein Herz versorgt mich besser, das schmerzhafte Pochen und Jagen kommt nicht mehr so oft. Und jetzt glättet sich auch noch meine Stirn. Wer sagts denn. Ein messbares Ergebnis, als Frau noch das schönste dazu. Schon deshalb hat sich der Ausstieg gelohnt, so wechselverjahrt bin ich noch nicht, dass mir Stirnfalten egal wären!

 

Abgeschieden

Bei der wöchentlichen Mitarbeiterbesprechung fällt mir etwas auf. Es sind die Gesichter der Kollegen: es ist, als tragen sie Tauchanzüge. Unsichtbare Tauchanzüge, die eng am Kopf anliegen und ihre Gesichter einquetschen, sie gar ein wenig hervortreten lassen, so scheint es. Angestrengt sitzen sie da mit starren  Oberkörpern, während der unbeherrschte Firmenchef uns gerade wieder anbellt wie ein aufgescheuchter Hofhund.

Ich lächle in mich hinein. Nach der Versammlung greife ich gutgelaunt nach dem Notizblock, verlasse den Raum, steige die Treppe hinunter, schlendere den Gang entlang. Dann trete ich in den Eingangsbereich und – hinaus auf den Vorplatz. Ich schaue zum Himmel und atme ein, tief. Ein Blick zum Storchennest: Niemand zu Hause.  Sie besuchen jetzt immer die Wiese weiter vorne. Ein paar Kollegen gehen vor mir her, sie tragen keine Tauchanzüge, nur die Zurückgebliebenen. Gott hat meine Gebete erhört, seit ein paar Tagen befindet sich mein Büro auf der anderen Straßenseite. Jeder Schritt in die Abgeschiedenheit des Nebengebäudes vergrößert die Distanz. Zwar hat der Terror Beine und sucht uns gelegentlich heim, aber doch nicht den ganzen Tag. Hier ist gut sein.