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Der Doormaster

Auf unserem Flug haben wir diesmal Plätze an einem der Notausgänge. Sie unterscheiden sich von normalen Sitzen in drei Punkten:

  1. Man hat mehr Platz für die Beine.
  2. Selbst die Handtasche muss in die Gepäckablage, der Boden muss komplett frei bleiben.
  3. Man hat die Aufgabe, ggf. diese Tür zu öffnen. Die Verantwortung dafür hat vor allem die Person am Fensterplatz. Ich. Ich bin der Doormaster.

Es gibt eine bebilderte Anleitung über dem Notausstieg, und der Flugbegleiter fordert die ganze Sitzreihe auf, sich das sorgfältig durchzulesen. Damit ist die Unterweisung abgeschlossen.

Ich schaue nach draußen. Da wir über dem Flügel sitzen, müssten wir auf der Tragfläche herumturnen, um herauszukommen (vorausgesetzt wir hätten die Tür aufgekriegt). Ich frage mich, wie heiß ein Triebwerk während des Flugs wird. Es ist nämlich nicht viel Platz zwischen Turbinengehäuse und Rumpf, wir müssten uns dünn machen. Ich habe auch noch nie darauf geachtet, wie weit es eigentlich runter geht vom Fenster aus. Es käme freilich darauf an, ob die Räder noch dran sind, und wie viel noch vom Flugzeug.

Vielleicht wären wir aber gar nicht auf dem Boden, sondern im Wasser. Da kämen wir leichter raus, und das Triebwerk würde sich auch schneller abkühlen. Aber dann – wohin? Und womit? Also Rettungswesten und Gebetbuch nicht vergessen.

Wenn man unter Flugangst leidet, sollte man an einem Notausstieg sitzen. Ich beschäftigte mich heute jedenfalls intensiv damit, dass das Flugzeug trotz Zwischenfall doch irgendwie heruntergekommen wäre. Alles Weitere würde man dann sehen.

emergency-exit(erlebt beim Flug mit Ryanair von Stuttgart nach Manchester)

Flugrolle

Vor ein paar Wochen im Flieger: Ich sitze zwischen einer fünfköpfigen Familie aus Bayern, weil versehentlich keine nebeneinander liegende Sitze für den geliebten Briten und mich gebucht worden waren. Meinen Fensterplatz habe ich einem der Kinder überlassen („Mei is des nett von Iahna!“) und so kommt man ins Gespräch. Es stellt sich heraus, dass alle miteinander zum ersten Mal in einem Flugzeug sitzen. Vor allem die junge Mutter neben mir zupft ständig am Anschnallgurt herum und je aufgeregter sie wird, desto gelassener werde ich. Beim Start blättere ich in einer Zeitung und beim unangenehmen Absacken während des Flugs beruhige ich die erstarrte Frau: „Das ist normal“.

Interessant. Bei anderen Flügen halte ich nämlich die Hände in die Oberschenkel gekrallt und gehe im Geist durch, ob zu Hause alle meine Unterlagen geordnet sind und ob ich  in diesem Leben genug für meine Kinder getan habe. Falls wir herunterfallen.

Was lernen wir daraus? Der bewundernde Blick einer jungen Bayerin, deren Frage „Muss des so rütteln?“ ich mit einem souveränen „Ja“ beantworten kann, wirkt offenbar, als habe die Regie mir eine neue Rolle zugewiesen: Die der vielgereisten Kosmopolitin. Und das Beste daran: Ich konnte sie spielen.

 

Anm.: Zu diesem Beitrag inspirierte mich Meermond mit ihren Gedanken über Schachteln. Danke für den Impuls! 🙂