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Zimmerreise 4/2021: H wie Herzen


Dieses nicht weiter erwähnenswerte Bild entdeckte ich vor vielen Jahren auf einem Flohmarkt. 5EUR kostete es einschließlich Rahmen, und wegen des Rahmens kaufte ich es. Das Bild wollte ich austauschen, sobald mir ein interessanteres begegnete, mit Herzen und Maritim-Deko hab ichs nicht so. Ich hängte es aber erst einmal auf wie es war, weil es ganz gut in den Flur passte. Blau ist ansonsten nicht meine Farbe in der Wohnung.

Auch wenn ich das Motiv selbst nicht ausgesucht hätte – die Herzen blieben dann doch hängen, wenn auch halbherzig, denn ich fand nichts Besseres zum Einrahmen. Aber sobald ich über etwas Spannenderes stolpere, wechsle ich es aus, dachte ich weiterhin. Jahrelang. Bis zu meinem letzten Umzug vor einigen Monaten.

Da entschied ich, dieses Bild erstens mitzunehmen und zweitens niemals zu ersetzen. Das Herz ist ein Symbol für die Liebe, und wenn meine Herzensangelegenheiten auch im Moment arg durcheinander sind – die Liebe stirbt trotzdem nicht. Es gibt sie in so vielen Formen – das ist mir erst seither bewusst geworden und die unterschiedlichen Herzen zeigen mir das. Egal ob es sich um Kunst oder Deko handelt.
Das Bild hängt jetzt in der Küche, denn Blau ist immer noch nicht meine Farbe.

Wisst ihr eigentlich, wie es zur Herzform und ihrer Bedeutung als Symbol der Liebe kam? Das war so:

Schon im 3. Jahrtausend v. Chr. waren im antiken Griechenland Efeublätter das Symbol ewiger Liebe, weil diese Pflanze immergrün ist und bis zu 400 Jahre alt werden kann. Man malte sie auf Vasen und Fresken.

Im Mittelalter erinnerte man sich an dieses alte Motiv. Allerdings stand inzwischen die Farbe Rot für Liebe und Leben. Also wechselte das Efeublatt die Farbe. Die stilisierten herzförmigen Blätter wurden jetzt rot gemalt und zierten Minnegedichte verliebter Edelmänner, unser heute bekanntes Herz war geboren.

Dass es weltweit bekannt wurde, lag an den Christen. Sie verwendeten es im Mittelalter, um das Herz Jesu darzustellen. Das durchbohrte Herz des Heilands wurde zum Sinnbild der göttlichen Liebe zu den Menschen.

Wer aber statt in die Kirche lieber in die Spelunke ging, lernte das rote Herz trotzdem kennen, und zwar beim Kartenspiel. Die Farben Kreuz, Pik, Herz und Caro wurden im 15. Jahrhundert in Frankreich erfunden und bald in ganz Europa bekannt.

Für alle, die immer noch keine Berührung mit einem Herzen gehabt hätten, wurde dann der Valentinstag erfunden. 😉

So war das.

Ich wünsche euch von Herzen ein schönes Wochenende!

❤️❤️❤️

Zimmerreise? Was ist das denn?

Aus gegebenem Anlass: Etwas zum Valentinstag

unterwegs

Wenn der Schuh passt,  vergisst man den Fuß.
Wenn der Gürtel passt, vergisst man den Bauch.
Wenn das Herz stimmt, vergisst man das Für und Wider.

(Chuangtse)

Davon abgesehen suchte ich gestern in zwei Supermärkten vergeblich nach einer Valentinskarte (der geliebte Brite steht nun mal auf Karten), es gab noch nicht mal ordentliche Kitsch-Herzchen. Nix. Kein Valentin-Kram. Und das – fand ich gut! Wer seinem Herzblatt eine Freude machen will, findet immer einen Anlass und immer etwas Passendes. Es muss nicht heute sein, und schon gar nichts Importiertes aus Amerika. Das am allerwenigsten in diesen Zeiten.

Es wurden also – da ich schon mal im Laden stand – drei Pralinen einer bekannten Schweizer Schokoladengießerei, und ein Post-it:

Happy Valentine! 

 

Angenehme Zusammenarbeit

Ich trete ins Zimmer meiner Mutter, weil es in der Verwaltung ein paar Dinge zu besprechen gibt, wo sie dabei sein sollte. Deshalb sind eine Pflegerin und ein Pfleger mit mir gekommen. Zu zweit heben sie meine Mutter aus dem Bett und setzen sie behutsam in den Rollstuhl, dann verschwindet das Mädchen wieder. Der Pfleger holt eine Haarbürste aus dem Bad und ordnet ihre Frisur, stellt sich vor sie hin und prüft ihren Anblick wie Guido Maria Kretschmer das Outfit einer Shopping Queen.

Als er zufrieden ist, legt er die Bürste weg, beugt sich zu meiner Mutter hinunter und hält seinen zur Seite gedrehten Kopf nah an ihr Gesicht, als solle sie ihm etwas ins Ohr flüstern.

„Na?“ fragt er und verharrt in der Stellung.

Ein paar Augenblicke passiert nichts, dann ruckt sie plötzlich mit dem Gesicht ein wenig nach vorne und drückt dem Pfleger einen Kuss auf die Backe. Einen Sekundenbruchteil lang gehe ich im Geist Kategorien durch wie Veralberung, Respektlosigkeit, Show usw., finde aber nichts Passendes und ordne das kleine Ereignis dort ein, wo es wahrscheinlich richtig ist: Jemand will einer Frau, der nicht mehr viel geblieben ist, das Einerlei ihres Alltags versüßen. Die machen das offenbar öfters.

Der junge Mann grinst jetzt und richtet sich wieder auf, meine Mutter schmunzelt ein wenig, und ich lache laut auf. Wer weiß, wie gekonnt meine Mutter früher die Männer schalu gemacht hat, der kann schwer glauben, dass sie hier etwas gegen ihren Willen tut.

Also ich hab mir gedacht: Wenn ich einmal alt bin – möchte ich auch in diese Pflegeeinrichtung. Und dann küss ich alle Pfleger. Yeah.

Herzensangelegenheit

Kennt ihr das? Plötzlich fängt das Herz an zu pochen, als ob es herausgelassen werden will. Meins schlägt immer wieder wütend gegen den Brustkorb, der es umgibt, und dabei habe ich ihm nichts getan! Man hat wohl gelegentlich kleine Rumpler und Aussetzer des Herzschlags, aber das ist etwas anderes. Dieses wiederkehrende Alarmschlagen, als sitze da jemand drin und trommle mit den Fäusten gegen eine Wand oder renne mit dem Kopf voraus gegen die Enge an – das kannte ich nicht. Morgens vor allem, da stört es am meisten. Ich wache häufig auf, mit so einem Rumpelstilzchen innen drin ist es schwer wieder einzuschlafen.

Ich versuche mich dann zu entspannen und denke an einen verträumten Strand, wo ich auf einem kleinen Steg sitze und die Beine ins Wasser baumeln lasse. Ein Glöcklein liegt neben mir, falls ich Durst bekomme und kalten Pfefferminztee mit Eis und Zitrone trinken möchte. Ich gebe natürlich ein gutes Trinkgeld, so sorge ich für den Diener und seine Familie, und für mich. Während salziges Wasser von meinen Beinen perlt und die Sonne darauf glitzert, kommt Rumpelstilzchen meist zur Ruhe und ich schlafe wieder ein. Beten hilft auch, da geht es manchmal noch schneller.

Dann fing das Pochen tagsüber an. Plötzlich ist es da, aus dem Nichts, als hätte ich drei Tassen Kaffee auf einmal hinunter gespült. Das kommt nicht oft vor und nach ein paar Minuten verschwindet der Spuk. Lästig finde ich es trotzdem, schon weil ich mich bei der Arbeit nicht auf eine Südsee-Insel konzentrieren kann. Deshalb ging ich zum Arzt. Dort bekam ich Tablettchen, die ich teilen muss, eine halbe am Tag genügt. Trotz eingeritztem Spalt bricht man sich fast die Fingernägel ab beim Versuch, sie in zwei Hälften zu zerlegen, so klein sind sie. Mit dem Messer zerbröselt das Ganze, an der praktischen arbeite ich also noch.

Erste Ergebnisse: das Herzklopfen ist geblieben, und zusätzlich ist mir jetzt schwindlig und ein bisschen schlecht. Das sei normal, sagte die Ärztin, und hört nach ein bis zwei Wochen auf. Na dann.

Lebensfragen

Sonderbar: Mit Krankenhaus verbinde ich zunächst Ausruhen. Verantwortung abgeben. Fallen lassen. Ich denke gerade darüber nach wie es wäre, krank zu sein. So krank, dass das Ende in Sichtweite rückt. Wie würde ich die verbleibenden Jahre oder Monate verbringen? Kein gesunder Mensch kann das wissen, aber es ist eine gute Möglichkeit, Verborgenes bewusst zu machen. Ich wüsste genau, was ich als Erstes tun würde: Meinen Beruf aufgeben!

Wir verändern uns bei der Arbeit. Wir tun bestimmte Dinge und passen uns an, wir werden immer mehr so, wie Vorgesetzte und Kollegen uns haben wollen. Würden andere Umgebungen, Vorgesetzte oder Kollegen etwas anderes fordern, wären wir selbst auch ein bisschen anders. Man sucht es sich nicht wirklich aus, und man wird beraubt, denn nur mit Menschen und Tätigkeiten, die zu uns passen, kann man sich selbst sein. Aber wer hat schon so viel Glück?

Ich würd nur noch arbeiten, wo ich mit dem Herzen dabei bin. Ich würde mich einbringen und Verantwortung übernehmen für etwas, hinter dem ich stehe. Auch wenn ich nicht davon leben könnte, dank Krankenkasse käme ich ja über die Runden. Und ihr? Wenn ihr erfahren müsstet, dass euer Leben nicht mehr allzu lange dauert: Würdet ihr etwas ändern?