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Zuckerfest

Der Ramadan ist beendet, ab heute darf tagsüber wieder gegessen werden. Man beginnt vor allem mit süßen Kuchen und Knabbereien, deshalb heißt der Tag des Fastenbrechens auch Zuckerfest. Ich gehöre dem christlichen Glauben an und wüsste nicht, dass das heute gefeiert wird – wären da nicht die Teilnehmer unserer Sprach- und Integrationskurse. Sie schleppten am Nachmittag Platten mit selbstgemachten Leckereien heran, dass sich die Tische bogen. Im Unterricht saßen sie dann zusammen und feierten, aber vorher durften wir Mitarbeitenden nehmen, so viel wir wollten. Also kam ich heute in den Genuss von dreierlei mir unbekannten süßen Stückchen, die aus  Sesam, intensiv Schokoladigem, Nüssen und Trockenfrüchten gemacht worden waren. Ich schleckte mir alle Finger danach ab und frage mich wieder einmal, was so schlimm daran ist, Menschen aus anderen Kulturen in unserem Land zu haben. Sie bringen doch auch etwas mit.

Das Rathaus von London – Die City Hall

 

In diesem Gebäude werden acht Millionen Menschen verwaltet. In höchster Instanz herrscht hier der Mayor of London, der Bürgermeister, und erst vor kurzem wurde ein neuer gewählt: Sadiq Khan. Seine Eltern sind pakistanische Einwanderer und Khan ist der erste Muslim, der London regiert. In einer Stadt mit so vielen Einwanderern macht das Sinn, aber trotzdem wurde er während der Kandidatur auch angefeindet.

In Deutschland haben wir türkischstämmige Landes- und Bundesminister, ohne dass viel Aufhebens gemacht wird. Ob wir auch Bürgermeister mit islamischem Glauben haben, weiß ich nicht. Wahrscheinlich sind Bürgermeister näher an den Menschen als Minister. Vielleicht würden wir auch die Stirn runzeln und befürchten, dass mit einem muslimischen Stadtoberhaupt die Bedürfnisse der Deutschen ins Hintertreffen geraten könnten. Komisch. Ob die Bedürfnisse der ausländischen Bürger immer genügend beachtet werden, fragen sich längst nicht so viele. Aber die leben doch auch hier.

 

Die City Hall wurde von Norman Foster im Jahr 2002 entworfen. Das Gebäude liegt direkt an der Themse neben der Tower Bridge.

Wenigversprechende Aussichten

Kürzlich stand morgens das Bürofenster zum Lüften offen und da hörte ich von der Straße her arabische Musik. Es schien kaum vorstellbar, dass morgens um halb acht vor der Hochschule ein orientalischer Bazar seine Buden aufgestellt hat, also schaute ich nach und es war ein Auto, das mit laufendem Motor und geöffneter Tür unten parkte. Ein junger Mann saß halb auf der Kühlerhaube und rauchte eine Zigarette.
 
Noch vor zwei Wochen hätte mich diese Musik an meine Bauchtanzkurse aus längst vergangenen Tagen erinnert und daran, wie bereichernd es ist, wenn verschiedene Kulturen sich begegnen. Oder mir wären die zahlreichen jungen Leute eingefallen, die aus allen Ländern der Welt gekommen sind und hier studieren, die meisten sind wahrscheinlich Muslime und einer von ihnen wartet unten auf einen Kommilitonen. Diesmal jedoch – eine Woche nach den Attentaten in Paris – waren das nicht meine ersten Gedanken. Sondern: Obacht! Was geht da unten vor?
 
Ich kann mich gar nicht freimachen von diesem Misstrauen, nun bin ich auch infiziert. Man liest zuviel von orientierungslosen Menschen, Hasspredigern, Schläfern. Es tut mir so Leid für den Islam und all seine ganz normalen Gläubigen.