Neulich bei der Mitarbeiterversammlung: Statt Vorträgen gibt es Impro-Theater. Leider sind wir nicht Zuschauer, sondern Akteure. Man teilt uns in Gruppen ein und wir müssen einen Sketch erarbeiten, um eins der vielen Angebote unserer Einrichtung darzustellen. So sollen die Mitarbeiter verschiedener Standorte einander begegnen und auch andere Projekte kennenlernen. Bei der Vorführung muss man dann jeweils erraten, worum es geht.
Unsere Gruppe hat weder eine Idee, noch wollen wir Theater spielen. Das verbindet schon mal. Wir berichten von unseren einzelnen Arbeitsaufgaben und eine Frau erzählt von einem 18-jährigen Jungen. Er kann nicht mehr gehen, seine Hände nicht mehr bewegen und nicht mehr sprechen. Kommunikation ist nur noch über die Augen und Buchstabenfelder möglich. Die Frau betreut ihn in der Schule: Sie hilft ihm beim Lernen, gibt ihm Essen, begleitet ihn auf die Toilette.
Ob sie das nicht depressiv mache, frage ich. „Nein“, erwidert sie, „im Gegenteil. Er ist mein Sonnenschein.“ Ich schaue verblüfft und sie lacht. „Er ist unser aller Sonnenschein,“ fährt sie fort, „die ganze Klasse mag ihn. Jeder will seinen Rollstuhl schieben und bei ihm sein.“ Dabei ist es keine gewöhnliche Klasse: alle SchülerInnen haben Defizite oder Verhaltensauffälligkeiten. Doch „dieser Junge steckt uns alle an mit seinem strahlenden, positiven Wesen.“
Trotz der lustlosen Haltung beim Einüben unseres Theaterstücks ist das Konzept der Geschäftsleitung aufgegangen. Diese Frau werde ich vielleicht nie wiedersehen, aber ich habe sie kennengelernt und durch sie einen Jungen, den ich mag.