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Gestern in München

Nicht dass wir unsere Freizeit mit Protestaktionen und Demos verbringen. Ich wollte nur mal wieder meine in München ansässigen Kinder sehen – eins davon hatte Geburtstag – und zeitgleich fand die Münchner Sicherheitskonferenz statt. Reiner Zufall. Wir schauten nur zu.

Ich verstehe zu wenig von den Zusammenhängen weltpolitischer Sicherheitskonzepte. Auch die Nato hat Blut am Hemd, aber ich persönlich fühle mich sicherer in einem Bündnis, und meine Kinder sollen niemals einen Krieg erleben. Hat bis jetzt gut geklappt, aber leider nicht in allen Ländern.

Ich hör schon wieder auf, hier noch ein paar Bilder. Die Veranstaltung war übrigens mitnichten in der Hand junger, fanatischer Protestler. Im Gegenteil. Ich sah überwiegend ü50er.
Weiß nicht, wo die Flyer zur Teilnahme ausgelegt waren!

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muenchen-2017-02-1Soviel zum Münchner Kaspertheater. 😉

Bruce

Ich mache mir nichts aus Rockkonzerten. Trotzdem waren wir am Freitag spontan in München bei Bruce Springsteen. Der geliebte Brite verehrt ihn, und als wir zwei Tage vorher zufällig sahen, dass er in München auftritt, waren tatsächlich noch Tickets zu haben. Gut, es waren die teuersten, aber auch die besten Plätze, alles andere war ausverkauft. Und bei solcherart hohen Ausgaben beschloss ich also, dass mir das gefällt.

Es war ein toller Tag, soviel vorab. Der Regen nahm sich ausgerechnet an diesem Tag eine Auszeit und wir verbrachten einen warmen, trockenen Abend im Olympiastadion, zusammen mit 57.000 Fans.

Meine Ohren sind für so etwas aber nicht geschaffen. Bruce Springsteen fetzte seine Musik herunter und es war so laut, dass ich überhaupt keine Lieder auseinander halten konnte. Es wurden auch keine Pausen gemacht zwischen den Songs, d.h. das eine ging über ein Gitarrensolo ins nächste über. Das klingt manchmal, als stehe man in einem Tunnel und ein schrill pfeifender Zug fährt ein. Die erste Stunde war für mich ein einziger Klangbrei.

Aber irgendwie war das auch egal. Die Abendsonne ließ den Olympiaturm im Hintergrund golden aufleuchten, ein stilles Bild inmitten des Lärms. Ich betrachtete die Stadionkonstruktion mit den mächtigen Stahlverstrebungen und fast schwebenden Dachmembranen, das grandiose Werk des Architekten Frei Otto. In zwei hohen, gerüstartigen Towern saßen angeseilte Männer und boten ein eigenartiges Bild. Gelegentlich flogen Hubschrauber vorbei oder Vögel.

Erst nach einer guten Stunde kam zwischendurch mal  eine Ballade. Später las ich, dass das vor allem wegen des Drummers geschieht. Er muss dann seine Hände schonen, denn es gibt da ein medizinisches Problem, sind ja alles alte Männer (Springsteen ist 66). Ich war dankbar für diesen Schlagzeuger, der übrigens phänomenal spielte und aussah wie ein Postbeamter, der am Schalter Briefmarken verkauft.

Die Menge tobte von Anfang an, und die Begeisterung riss schließlich auch mich mit. Bruce Springsteen ging immer wieder ins Publikum. Und er holte Menschen auf die Bühne. Ein paar durften mit ihm singen, mit ihm tanzen, hey, mir ging das Herz auf! Der Mann stand einfach da und spielte seine Songs, als habe das ganze Spektakel nichts mit ihm zu tun, sondern mit uns allen gemeinsam.

Die Musik klingt oft simpel, aber die Texte sind es nicht, wie ich inzwischen weiß. Sie handeln vom Kummer der ganz normalen Leute, der Arbeiter und Unterdrückten. Springsteen ist politisch und sozial engagiert, einer von uns, und dieser Hexenkessel vergöttert ihn. Kinder wurden auf den Schultern getragen, grauhaarige Männer und ältere Frauen tanzten sich in Ekstase. Die würde man sich als Großmutter oder Großvater wünschen.

Als endlich „Born in the USA“ und „Hungry Hearts“ losdröhnte, war nach einem über dreistündigen Konzert ohne jede Pause das Ende nahe nund eine neue Fänin geboren!

München Hauptbahnhof

Gestern in München: Als wir aus dem Zug gestiegen sind und die Haupthalle erreichen, fällt uns die enorme Polizeipräsenz auf. Eine größere Gruppe Uniformierter stehen vor dem nächstgelegenen Ausgang, und als wir an fünfzehn Bahnsteigen vorbei zur gegenüberliegenden Seite gehen, um zum Stachus zu gelangen, werden Menschenmassen und Polizeiaufgebot immer dichter. Auf Treppen und Galerien stehen Leute und halten Fotoapparate, nun hören wir aus dem Getümmel Geschrei und Gesänge. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und kann hochgereckte Arme erkennen, die zu jungen Männern in schwarzen Kleidern gehören. Weitere Polizisten bilden nun Barrieren.

Sauber, denke ich. Hier findet eine Demonstration mit Neonazis statt und wir stehen mittendrin. Immerhin scheinen die Polizisten keinen Stress zu haben, sondern leiten den Zug entspannt in eine bestimmte Richtung. Es sind fast ausschließlich Männer zwischen Zwanzig und Dreißig, die nun an uns vorbeigeführt werden. Ich weiß nicht, welche Parolen sie rufen und worüber sie sich so ereifern, aber ein neben uns stehender junger Polizist gibt freundlich Auskunft: „Das sind Fußballfans aus Hannover. Kamen mit einem Sonderzug und wir begleiten sie jetzt zur S-Bahn. Die sind harmlos, nur ein bisschen laut.“ Jetzt seh ichs auch. Jacken und Schals zeigen ja das Logo, die Vereinsfarbe ist offenbar Schwarz.

Ich bin begeistert: Bayern München hat den Meistertitel bereits sicher, Hannovers Abstieg steht ebenfalls fest. Trotzdem sind so viele gekommen, um ihre Mannschaft anzufeuern.  Leider hats nicht geholfen, Hannover verlor. Aber auf solche Fans darf man trotzdem stolz sein.

 

München-Hbh

Körperlos

München-Pinakothek

„Könnte es sein, dass Teile meines Körpers sind zu Boden gefallen sind?“
„Ich seh nix.“

 

George Minne (1866 Gent – 1941 Sint-Martens-Latem), „Jaques Francquaert“, 1901, Marmor, Bayerische Staatsgemäldesammlungen München – Neue Pinakothek

Das Labyrinth

Der Weg ist da. Er führt ans Ziel, doch es braucht Geduld. Umwege und Barrieren machen das Vorankommen schwer, jeder Schritt bedeutet Begrenzung oder Öffnung. Was hat dieses Labyrinth mit meinem Leben zu tun? Das frage ich mich nicht im lustigen Irrgarten eines Maisfelds, sondern als sich in der Bayerischen Staatsoper in München der Vorhang hebt.

Zur Overtüre von „Fidelio“ wird aus der Finsternis heraus ein mächtiges Gerüst aus Stahl und Glas sichtbar, an dem die zuckenden Lichtläufe der Neonröhren an Stromstöße erinnern. Im Lauf der Aufführung werden darin allerlei Menschen nach Auswegen suchen oder auch verharren. Es geht um Gefangensein und Befreiung.

Neben einem herausragenden musikalischen Ereignis ist es gerade auch das Bühnenbild, das durch immer neue Arrangements von Menschen, Elementen und Lichteffekten fast drei Stunden lang für Gänsehaut sorgt. Es lässt Interpretationen zu und meine Gedanken stehen nicht mehr still seit diesem Suchen und Lieben dicht neben Verzweiflung und Isolation. So muss Oper sein: Spektakulär für alle Sinne. Ich bin – wie meine Tochter es ausdrücken würde – „geflashed“. Immer noch.

Fidelio – Ludwig van Beethoven – Oper in zwei Akten

Ort: Nationaltheater München
Musikalische Leitung: Zubin Mehta
Inszenierung: Calixto Bieito
Bühnenbild: Rebecca Ringst
Sprache: Deutsch
Tickets: Zu Weihnachten gekriegt von meinen Kindern. 💕
Trailer zur Fidelio-Aufführung im Jahr 2010 mit demselben Bühnenbild (aber anderem Dirigenten und teilweise anderen Sängern):

Wen’s interessiert:
Fidelio ist die einzige Oper Beethovens. Die Handlung basiert auf einer wahren Begebenheit in Frankreich, die in der Oper nach Spanien verlegt wurde.

In der Geschichte sucht Leonore, die Frau eines seit Jahren verschwundenen politisch Opositionellen, ihren Mann Florestan. Sie vermutet ihn in einem bestimmten Gefängnis, verkleidet sich als Mann, nennt sich Fidelio und arbeitet als Helfer des Kerkermeisters Rocco. Sie findet ihren Mann und befreit ihn.

Vorher passiert aber noch so einiges. Zum Beispiel verliebt sich Roccos Tochter Marzelline in Fidelio und diese weist deshalb ihren Verehrer Jaquino zurück. Leonore aber liebt ihren Mann. Rocco liebt seine Tochter und Jaquino liebt Marzelline. Darüber singen die vier in einem hinreißenden Kanon, für mich eine der zentralen Stellen labyrinthischer Verwicklungen, als außer Jaquino jeder glaubt, dass alles klar sei:

„Mir ist so wunderbar“
Marzelline
Mir ist so wunderbar,
Es engt das Herz mir ein.
Er liebt mich, es ist klar,
Ich werde glücklich sein.

Leonore
Wie groß ist die Gefahr,
Wie schwach der Hoffnung Schein.
Sie liebt mich, es ist klar,
O namenlose Pein!

Rocco
Sie liebt ihn, es ist klar;
Ja, Mädchen, er wird dein.
Ein gutes, junges Paar,
Sie werden glücklich sein.

Jaquino
Mir sträubt sich schon das Haar,
Der Vater willigt ein.
Mir wird so wunderbar,
Mir fällt kein Mittel ein.

„Mir ist so wunderbar“ aus einer traditionellen, labyrinthfreien Inszenierung.

Neulich in München

Wie ist das eigentlich mit diesen Geldmappen? Darüber zerbrachen wir uns den Kopf, als wir am Wochenende die Tochter besuchten. Wir hatten viel gelacht am Abend in einem italienischen Restaurant, und obwohl die Flasche Wein 25 (!) EUR kostete, bestellten wir eine zweite und strichen dafür das geplante Weißwurstfrühstück am nächsten Tag.

Ich war also ein bisschen angeschickert. Deshalb dachte ich nicht weiter nach, als schließlich die Rechnung kam in so einer kleinen Ledermappe. Sie betrug neunzig Euro ungrad, ich legte hundert rein, der Bediener verschwand damit und – kam nicht wieder. Nach zehn Minuten sahen wir ernüchtert ein, dass Warten nichts nützt. Also aufbrechen oder nach dem Wechselgeld fragen? „Dann kann ich mich hier nicht mehr sehen lassen!“ kicherte die Tochter. Aber in München gibt es noch andere Italiener, hab ich gehört und rief den jungen Mann her. „Scusi, Senora“, beeilte sich der zu sagen, „kommt sofort, habe ich vergessen, bitte entschuldigen Sie.“ Wenige Augenblicke später hatte ich die Geldmappe in der Hand und hinterließ darin das Trinkgeld.

Wie ist es richtig? Hätte ich sagen müssen, wieviel Geld ich zurückbekommen möchte?

Fragen über Fragen.

 

Paar Bilder hab ich noch:

Das Beste sind immer die Menschen!