So wie sie Hochzeiten feiern, protestieren sie auch: Getrennt. Wir stehen in Hamburg auf dem Gänsemarkt und der geliebte Brite nimmt gerade ein Start-Kit für das Radrennen am Sonntag im Empfang, da hören wir Frauen mit hohen Stimmen, die Parolen rufen. Wir schauen uns um und entdecken an der Straße einen langen Zug von Muslima in schwarzen Gewändern, Tuniken und Schleiern. Sie kauern auf dem Boden und schreien: „Deutschland, wo bist du?“ Manche tragen syrische Flaggen oder Fähnchen mit gelben Totenkopfsymbolen, ein junger Mann an der Spitze brüllt sich vor einem Megafon heiser: „Es wird wieder geschossen, Menschen sterben, Blut fließt in Syrien, während wir hier auf der Straße stehen“. Mit rollendem R peitscht er Schlachtrufe in die Menge, Antworten werden zurückgeschmettert.
Dann springen die Frauen hoch wie Hexen bei süddeutschen Fasnet-Umzügen, aber sie bauen sich nicht zu Pyramiden auf oder schlagen Räder, sondern ziehen rufend, schreiend, mit emporgestreckten Händen weiter und stimmen im Chor ihren Protest an: „Mörder Assad“, „Schaut nicht weg“. Zwischen den Reihen gehen auch Kinder. Sie schauen gleichgültig nach links und nach rechts, als gehe sie das Ganze nichts an.
Ich überlege, wann westliche Bomben im Nahen Osten schon einmal etwas gebracht haben auf lange Sicht. Und marschierten islamische Gruppen in der Vergangenheit nicht auch gegen solche Einmischungen?
Jetzt kommt die Nachhut. Es sind nur ein paar Leute, und sie rufen nicht so leidenschaftlich wie die Frauen. Genau genommen rufen sie gar nicht, sie verhalten sich ruhig und schreiten nur hinterher oder vereinzelt an den Seiten des Zugs. Es sind die Männer.
Und ich dachte schon, auch verhüllte muslimische Frauen machen inzwischen ihr eigenes Ding.

