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Etappensieg

Hallo Nachbarn, seht ihr, wie ich nicht draußen steh? Seht ihr, wie ich nicht rauche? Vier Wochen habe ich es heute geschafft. Es ist immer noch ein Suchen nach Trost spendenden Alternativen, die nicht aus Essen oder Alkohol bestehen, viel bleibt da nicht. Nur meine Fantasie. Wenn ihr wüsstet, was für einen unsäglichen Mist ich derzeit in mein kleines Fahrtenbuch schreibe. Da geht es um das Entfliehen von einer Insel mit giftigen Dämpfen, angeketteten Kreaturen und hohen Steuern, aber auch um ein kleines Boot auf dem glitzerblauen, sauberen Meer der unendlichen Freiheit, in dem ich gegen heulende Stürme, üble Wellen und gefährliche Strömungen kämpfe. In dem ich aber auch immer häufiger blühende Inseln finde mit gesunden, lachenden Menschen, die mühelos Fußball spielen oder einen Hügel hinaufrennen können. Wenn ich sowas von jemand anderem lesen müsste, würde ich es anzünden, als Brandbeschleuniger bei der nächsten Grillparty zum Beispiel.

Aber es funktioniert. Es sind Szenen, die sich tief in mir drinnen abspielen, starke Bilder gegen schwache Momente. Ich habe seither keine Zigaretten mehr angerührt und sie fehlen mir (fast) nicht. Ein paar dieser hanebüchenen Geschichten brauche ich aber noch. Zum Glück liest das keiner.

Neulich beim Spazierengehn

Anstatt zu rauchen geh ich jetzt gern an die Luft. Ich stiefle ruhige Straßen entlang, atme knisternde Winterluft und blinzle in die kalte, gleißende Sonne. Durch meine Adern wird Blut gepumpt, als würden rostige Leitungen durchgespült mit frischem, heißem Wasser. Dick verpackt in Wollmantel und Strickmütze steuere ich auf den Waldrand zu. Die Finger brennen jetzt in den Flieshandschuhen, der Atem dampft, ich schreite aus und komme ohne weiteres den Hang hinauf. Gut, dass ich diesem sprudelnden Körper nicht mehr den Hahn abdrehen muss. Bei solchen Spaziergängen würde ich nicht mehr rauchen wollen, aber das wollte ich auch früher nicht und tat es doch. Jetzt bin ich glücklich, Nichtraucher zu sein.

Neues aus der Nichtraucherzone

Zwei Wochen geschafft. Es ist, als wäre ein Schalter umgelegt, ich wünsche mir keine Zigaretten mehr. Was ich mir wünsche, ist immer noch ein Ersatz für die Verschnaufpausen.  Auf jede einzelne hatte ich mich gefreut, und das war natürlich die Sucht. Ich litt ja auch, wenn diese Halbzeiten verhindert wurden, oder wenn ich auf dem Balkon draußen fror, oder wenn beißendes Lucky Strike Aroma hinter mir her stank. Trotzdem. Die Gier war groß genug, dass ich auch oder gerade im größten Stress eine Unterbrechung zuließ und für ein paar Minuten rausging: Dampf ablassen, im buchstäblichen Sinn, praktisch auf Knopfdruck. Nichts anderes ist stark genug, dass man sich vom überfüllten Schreibtisch erheben würde, da mögen Jojo, Sudoku und Schaukel noch so verlocken. Man vergisst es einfach im Trubel.

Mußeminuten

Nach einer Woche fing ich sonst meist schon an, von einer Zigarette zu träumen. Nur eine natürlich, und nur gelegentlich, die kleine Pause, ach, jetzt raus dürfen, schau! Vöglein hüpfen vorm Fenster umher, ein verirrter Sonnenstrahl lockt ins Freie, dürre Blättlein am Balkongesträuch winken … Nix. Diesmal nicht. Ich denk gar nicht dran.

Nichtraucher sind gesund, haben es warm, riechen sauber, sie achten auf sich, sie sind frei. Raucher sind selbstzerstörerisch. Diese Mantras hab ich mir alle auf dem Balkon ausgedacht, und hüpfende Vöglein oder gar Sonne hab ich da nicht entdeckt.

Zigarettenpausen bestehen aber nicht nur aus Zigaretten, sondern auch aus Pausen, und zwar aus ganz besonderen. Zum Druck bei der Arbeit zum Beispiel kam nämlich die Anspannung durch den niedrig gewordenen Nikotinspiegel. Ich zündete eine Zigarette an und tattaaa – beides fiel ab: die Belastung der Psyche und die Entzugserscheinung. Phantastisch. Und diese kostbaren Minuten gibt es jetzt nie mehr?

Doch. Ich unterbreche das, was mich gerade beschäftigt, auch weiterhin immer wieder. Sehe zum Fenster hinaus, (als Balkonraucher kriegt man ja einiges mit in der Nachbarschaft und man fragt sich, wie alles weitergeht), zupfe an Zimmerpflanzen herum, tu dies, tu das, setz mich wieder hin und arbeite weiter. Egal was es ist – es muss nur ablenken und man muss es ausgesprochen gerne tun. Sonst ist es ja keine richtige Pause.

Jetzt liegen acht Tage rauchfrei hinter mir und es fehlt nichts. Unglaublich.

Zwischenstand

Fast eine Woche nicht geraucht, und mir fehlt erstaunlich wenig. Hab wohl die richtigen Mantras diesmal, Raucher sind eben nicht cool, sondern selbstzerstörisch. Als wäre ein gesunder Körper belanglos und sie könnten mit ihm tun, was sie wollten. Können sie ja auch, jeder hat das Recht sich zu schaden, wenn ihm danach ist. Aber warum? Halten sich Raucher für nicht bedeutsam genug, um sich pfleglich zu behandeln? Oder strafen sie sich gar für etwas, tief innendrin?

So ein Quatsch! Selbstverständlich nehme ich mich wichtig, hätte ich vor kurzem noch protestiert. Man liest doch in Ratgebern aller Art: Auf die eigenen Bedürfnisse hören, in sich hinein horchen, nachgeben. Nichts leichter als das. Mit seufzendem Lächeln wird nach draußen geschlappt neben den Aschenbecher und einem Bedürfnis nachgegeben – das es ohne Rauchen gar nicht gäbe. Geben wirs zu, die wenigsten Zigaretten schmecken. Nikotin hebt uns nicht  in genussreichere Sphären, wir rauchen ja nicht zum Spaß. Wir winden uns damit nur aus einem engen Loch heraus zurück in den Normalzustand, den ein Nichtraucher nie verlässt.

Der Zeitpunkt zum Aufhören war gut gewählt. Ich blicke aus dem Fenster, wo ein enormer Sturm alles wegfegt und man muss Angst haben, von herumschießenden Gegenständen erschlagen zu werden. Ich wollte nicht draußen stehn heute!

Fünf Wochen!

Ich vermisse sie noch immer, die kleinen Aufheller. Auch wenn es beim Rauchen um nichts anderes geht als um das Lindern von Entzugserscheinungen, von einer Zigarette zur nächsten. Es ist ein Gift, es ist eine Sucht, es ist aber auch so, dass beliebig oft und auf ganz einfache Weise ein starkes (zugegeben selbstgeschaffenes) Bedürfnis befriedigt wird. Vergleichbar damit, zu enge Schuhe auszuziehen und zu spüren, wie der Schmerz in den Füßen nachlässt. Aber jedes Mal wieder beschert es – wenige Minuten lang – ein paar glückliche Aufschnaufer.

Nein, ich werde nicht rückfällig. Ich habe Endlich Nichtraucher gelesen. (Guter Tipp, Maria!) Raucher tun mir Leid, und ich bin gottfroh, keiner mehr sein zu müssen. Nur womit ich diese behaglichen kleinen Unterbrechungen ersetzen könnte, ist mir noch nicht eingefallen. Schwierig, wenn so Manches um einen herum viel Kraft braucht.

Seit zwei Wochen in Freiheit

Ich bin gut. Ich bin stark. Ich habe zwei Wochen lang nicht geraucht. Momentaner Zustand: Wenn andere qualmen, möchte ich ihnen die Zigaretten aus der Hand reißen und mir selbst eine anzünden. Aber das sind ja Fantasien. Tatsächlich schaue ich nur zu oder besser gesagt schnell weg. Nachdem ich mir die zu erwartenden Schäden durch Nikotin lange genug ausgemalt und mir das Rauchen daher immer wieder verboten habe, scheinen Menschen mit der Fluppe zwischen den Lippen in aller Öffentlichkeit ohnehin sonderbar. Als ob das nix wär. Dürfen die das? Um ehrlich zu sein – fast beneide ich sie ein bisschen, denn sie denken nicht so viel nach. Sie rauchen einfach. Was war es noch, weswegen ich aufgehört hab? Ich weiß nicht mehr genau, habe es aber aufgeschrieben und gleich werd ich den Notizzettel heraus kramen. Immerhin erinnere ich mich, dass eine Menge drauf stand.

Auf jeden Fall schaff ich Jogging und Radtouren deutlich besser als noch vor zwei Wochen, und ich bin nicht mehr so abgekämpft. Es wird mir also nicht gehen wie dem Mann, zu dem der Arzt sagt: Tut mir leid, aber wir müssen ihnen das Bein abnehmen. Antwortet der Mann: Gott sei Dank, ich dachte schon, sie wollten mir das Rauchen verbieten.

Pah! Sag ich da nur. Ein starker Raucher ist ein schwacher Mensch.