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Feines aus dem Ofen

Ich habe mich in einen Ölofen verliebt. Er steht bei meiner Freundin, der wir gestern beim Umzug halfen, und ich fand ihn frierend im Wohnzimmer, wo er auf mich zu warten schien.

Als ich ein kleines Mädchen war, hatten wir auch so einen Ofen. Ich stellte gerne mein Puppentöpfchen darauf, warf ein paar Wurstscheiben hinein und studierte gebannt, wie sie anfingen zu brutzeln, braun wurden und sich zu kleinen Hütchen aufwarfen, die ich dann an meinen Bruder verfütterte.

Später zog mein Vater weg mit mir, in ein Haus mit Zentralheizung, die nie richtig aufgedreht werden durfte. Meine Tätigkeit als kleine Köchin war beendet, schon weil mein Bruder nicht mehr bei uns wohnte und ich selbst gar keine Wurst mag.

Aber der Ölofen kam noch einmal zurück in mein Leben, als meine Ausbildung begann. Ich wohnte wieder bei bei meiner Mutter und einem Ölofen, und im Winter stellte sie manchmal einen Topf Rotwein darauf mit Zitronenscheiben, Zimtstangen und Nelken. Er blieb tagelang dort stehen, bis wir ihn leergemacht hatten und uns von innen wie außen herrlich warm geworden war.

Wenn wir allerdings Abends nach Hause kamen, ließ meine Mutter erst einmal einen Anzünder nach dem andern in die Brennkammer fallen und es passierte jedes Mal dasselbe wie gestern, als ich zusammen mit einem der jungen Helfer versuchte, den Ofen meiner Freundin anzuzünden: das Feuer ging wieder aus. Es brauchte viele Versuche und manche Gänge zur Ölpumpe im Keller, bis es im Innern endlich anfing zu fauchen und die Flammen nach oben leckten. Aber dann bollerte er los, so auch gestern, und der junge Mann floh aus dem Zimmer.

Ich kannte diesen Lärm und beruhigte ihn: es war zuviel Öl hineingelaufen. Nach einer Weile würde es aufhören, und so war es auch. Irgendwann brannte das Feuer ruhig und gleichmäßig und wir stellten uns immer wieder davor, jubelten und aalten uns in seiner Wärme.

Im Sommer wird der Ölofen meiner Freundin durch eine Zentralheizung ersetzt. Bis dahin muss ich ihn unbedingt noch ein paarmal besuchen.