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Nicht lustig

Protokolle soll man schreiben. Das hilft, sagte der Experte. In einer Talkshow sprach er zu Essgestörten, die festhalten sollen, was sie so knabbern den ganzen Tag. Ich dachte: Das ist eine gute Idee. Dann stellt sich heraus, dass ich mitnichten mehr esse als vor meinem Nichtraucherdasein, dass zwei Kilo völlig aus dem Blauen heraus direkt auf meinen Hüften landeten, ein Phänomen. Die Tabelle, die ich erstellen würde, hatte ich auch schon im Kopf: Was esse ich, wann, wieviel, und warum?

Beim warum blieb ich hängen. Auch ohne Protokoll entdeckte ich schnell, dass ich die Nase selbst dann in den Kühlschrank stecke, wenn ich gar keinen Hunger habe. Zum Beispiel wenn Zeit ist fürs Abendbrot und ich zwar nicht hungrig bin – das Nachmittags-Bounty verhindert das – , aber trotzdem an der Folie des Pfeffer-Bries zupfe und in ein frisches Butterbrot beiße. Einfach weil ich Lust dazu habe, wie ich vorher Lust hatte zu rauchen. Lust auf Lust eben. Und wie das schmeckt! Ich hatte schon befürchtet, meine Geschmacksknöspchen hätten sich verabschiedet für dieses Leben, aber es gibt sie noch. Die dicken Verschorfungen, die giftiger Qualm angerichtet hat, werden wieder dünner

Also doch überflüssige Kalorien. Würde ich nur essen, wenn ich Hunger habe, wären sie leicht eingespart. Was aber ersetzt das Essen? Was ersetzt Zigaretten, was ersetzt lustvolle Pausen? Ich kann doch nicht anfangen, im Stundentakt über den Liebsten herzufallen, schon weil er nicht immer anwesend ist. Und wäre auch zu aufwendig, hab mir dass bereits überlegt, das ist es nicht, was ich meine.

Wie machen Nichtraucher das nur? Womit verlustiert ihr euch?

Die weiteren Aussichten: Wolkenlos

Auf dem Weg zum Supermarkt stehe ich an einer Ampel, die Straße verläuft mehrspurig. Neben mir hält ein roter Golf. Sein Fenster ist ein Stück heruntergelassen trotz starrem Frost, der Häuser und Bäume dick eingezuckert hat. Ein Mann um die Vierzig sitzt am Steuer des Wagens und zieht an einer Zigarette. Ja und? Denkt er sich wohl oder denkt sich gar nichts, Winterluft ist nun einmal kalt. Und wer die Qualmwolke im Fahrzeug nicht einschließen und sich tränenden Augen holen will, muss offene Fenster ertragen.

Die Ampel springt auf Grün, der Mann neben mir fährt an und ich überlege, ob ich ihn beneide. Überall sehe ich diese Menschen und unterstelle ihnen, dass sie sich um nichts Gedanken machen, sondern einfach an ihren Zigaretten nuckeln und dann denke ich: Wieso können die das und ich nicht? Immer begleiteten mich Selbstvorwürfe. Die Gesundheit, das Geld, und überhaupt. Lustvolles Rauchen funktioniert nur dann, wenn es schmeckt, der Gesundheit nicht schadet und das Geld egal ist, also ab dem zweiten oder dritten Glas Wein. Ansonsten bleibt es ein Traum.

Jedenfalls hab ichs warm in meinem Auto und es stinkt nichts außer die Heizung ein bisschen. In dem Alter darf sie das.

Zweieinhalb Wochen – ich bin frei!