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Zimmerreise 01/2021 – Berta, die Kuh

Bei einer Zimmerreise geht es darum, die gewohnte Umgebung neu zu entdecken. Dazu werden Gegenstände in einem Zimmer nacheinander betrachtet und ihre Geschichte erzählt. Diese literarische Gattung gibt es seit dem 18. Jahrhundert.

Zu meiner ersten Zimmerreise inspirierte mich ein Projekt von Pflanzwas und Puzzleblume, mehr dazu hier. Jeder kann teilnehmen und selbst auf die Reise gehen.

Nun zu meiner ersten Etappe:

Berta, die Kuh

Das ist Berta, die Kuh. Ich nenne sie erst seit heute Berta, obwohl ich diese Figur seit vielen Jahren besitze. Der Grund für die plötzliche Namensgebung ist, dass sie nun mein erstes Reiseziel sein kann, denn laut Projektvorgabe sollen im Januar Objekte bereist werden, die mit dem Buchstaben A, B oder C beginnen. Die Kuh hätte also auch Alwine heißen können oder Clara, aber mein erster Impuls war Berta, und so heißt sie nun.

Wie bei jeder Fernreise sind auch die Ziele einer Zimmerreise nicht beliebig. So, wie ich nicht mit dem Fahrrad nach Island reisen kann, weil es zu weit ist, kann ich auch keine Objekte besuchen, die in mir Kummer aufrühren. So fiel die Wahl auf Berta, eine der wenigen Spuren aus meinem früheren Leben, die im letzten Jahr nicht unter Tränen aussortiert und weggegeben wurde. Berta erinnert mich nämlich nicht an eine verlorene Liebe, sondern an eine bestehende, und zwar an die zwischen mir und meiner Tochter.

Vor vielen Jahren stand ich mit ihr in einem Möbelhaus in der Deko-Abteilung, und da wartete Berta. Sie strahlte in einem Regal die Eleganz und Nonchalance einer Diva aus, die keine Zweifel zu haben schien, dass schon bald ein eigenes Heim ihrer Schönheit den Rahmen geben würde. Ich war wie verzaubert.
„Wer braucht schon ein Sparschwein“, wandte ich ein, konnte mich aber kaum von ihr lösen. Schließlich ging ich doch langsam weiter, wandte den Kopf zurück für ein paar letzte Abschiedssekunden, und da tat meine Tochter, was getan werden musste: Sie ergriff Berta, schritt mit ihr zur Kasse und die Porzellankuh wurde mein Muttertagsgeschenk.

Berta hat aber noch eine zweite Funktion. Sie ist nicht nur ein Symbol der Liebe, sondern auch des Reichtums, denn sie hat mein Geld zusammenzuhalten und zu vermehren. Berta ist nämlich mein Feng Shui Geld-Symbol, sie steht hier in der Reichtumsecke. Dachte ich zumindest.
Sie muss einen bestimmten Platz in der Wohnung haben, und zwar im Südosten. Außerdem soll sie regelmäßig gefüttert werden, was freilich per se den Reichtum vermehrt. Es sind aber keine 100-EUR-Scheine, die in den dicken Bauch zu wandern haben, gelegentlich eine Münze genügt. Das Geräusch ihres Auftreffens auf die anderen Münzen im Innern ist es, was den Geldgeist weckt, in meiner Wohnung jedenfalls. Ich spüre sowas.
Außerdem muss ihr Platz sauber, hell und aufgeräumt sein. Gold, Rot, Violett und Grün stehen ebenfalls für Reichtum (ist es Zufall, dass Berta genau diese Farben trägt?).
Durch all das vermehrt sich das Geld auf dem Bankkonto und der allgemeine Wohlstand steigt. So will es das Feng-Shui-Gesetz.

Viele Jahre lang funktionierte es auch. Berta stand am richtigen Platz, obwohl es nicht genau im Südosten war, aber ihr gefiel der Standort. Ich wusste es und hatte keine Geldsorgen.

Aber nun bin ich umgezogen, und alles ist anders. Natürlich muss ich jetzt alleine eine Mietwohnung finanzieren, und Corona-bedingt habe ich meine Arbeitsstelle verloren. Das mag zum Geldmangel geführt haben – oder aber: Berta steht nicht am richtigen Platz. Feng Shui ist ein bisschen eigen, wenn es wirken soll, es sollte schon alles stimmen.
Ich habe Berta im Südosten aufgestellt und füttere sie regelmäßig, sie bekam sogar etwas Hübsches zum Anschauen: Perlenblumen, die zwei Kinder für mich angefertigt haben.
Doch es nützt nichts, meine finanzielle Situation könnte besser sein.
Ich schiebe Berta also von hier nach da, und es fühlt sich immer noch nicht an, als wäre sie am richtigen Platz. Sie muss wohl noch eine Weile wandern, genau wie ich. Irgendwann sind wir sicher beide da, wo wir hingehören.

 

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Feng-Shui-Tipps für Wohlstand und Reichtum

Wir können wieder reisen!

Es ist immer das Gleiche: Kaum arbeitet man wieder in vollem Umfang, schon hat man zu nichts mehr Zeit. Seit dem 1. Juli bin ich nicht mehr in Kurzarbeit, deshalb liegen die schönen Bilder von unserem Besuch letzte Woche in Freiburg immer noch unbesichtigt im Ordner herum.

Es war eine besondere Reise. Nicht nur die Stadt ist besonders schön, sondern wir feierten auch den dreißigsten Geburtstag des jüngsten Sohnes, der in Freiburg lebt. Ich bin also besonders alt geworden, wie mir bewusst wurde, aber so ist es eben.
Die Reise an sich war aber auch deshalb etwas Besonderes, weil es die erste seit gefühlt vielen Jahren war. Also: Seit Corona eben. Das letzte Wochenende abseits vom eigenen Küchentisch ist erst vier Monate her, aber mir kommt es viel länger vor.

Hier also die Bilder: