Schlagwort-Archive: Sprachen

Das kommt mir spanisch vor

An der Empfangstheke steht ein Mann, den ich kenne. Meine kolumbianische Kollegin – sie macht gerade Mittagspause – kümmert sich normalerweise um ihn, dann sprechen sie immer spanisch. Oft sind es lange und intensive Gespräche in ihrem Büro, die Integrationsarbeit scheint hier komplex. Dem Aussehen nach stammt der Mann ebenfalls aus Südamerika.

Heute hat er jemanden mitgebracht. Sein Freund, erklärt er in missratenem Deutsch, wolle hier einen Alphabetisierungskurs machen, er komme aus Pakistan. Ich gebe ihm Auskunft, er übersetzt es dem Mann.
Ich frage staunend: „In welcher Sprache reden Sie denn mit ihm?“
Er: „Pakistan! Pakistani!“ Ich will schon fragen, woher er so gut pakistanisch kann, aber nun dämmert mir, vielleicht … „Sind Sie gar nicht aus Südamerika?“
Er blickt mich überrascht an.
„Sudamerrika? Nein. Pakistan. Ick Pakistan.“
Wie verblüfft man sein kann bei der Erkenntnis, dass das selbstgemalte Bild sein Thema verfehlt hat, sieht man mir offenbar an. Er zieht verunsichert die Augenbrauen hoch und scheint sich zu fragen, ob er etwas Falsches gesagt hat.
„Ach so,“ beeile ich mich zu erläutern, „ich hielt Sie für einen Südamerikaner, weiß auch nicht wieso.“ Nun lacht er erleichtert und singsangt: „Oh nein, ick nickt Maya!“

Später frage ich die Kollegin, in welcher Sprache sie denn mit dem Mann immer spricht. „Englisch,“ seufzte sie, „und Deutsch. Und alles, was uns einfällt. Er hat einen fürchterlichen Akzent. Ich verstehe ihn kaum.“

Wie kam ich denn auf Spanisch? Und wie sieht ein Südamerikaner aus? Offenbar jeder, der mit meiner Kollegin spricht.

Wünsche II

An meiner Arbeitsstelle gratuliert man Geburtstagskindern auf eine spezielle Art. Die Zeremonie findet immer bei der monatlichen Teamsitzung statt und es kommen alle dran, die in den vergangenen vier Wochen älter wurden. Das Besondere daran ist, dass das Geburtstagskind sich aussuchen darf, in welcher Sprache die Mitarbeiter ein Ständchen singen. Bei exotischen Varianten muss der oder die Betroffene natürlich helfen.

Es kommen mehrere Sprachen in Betracht, denn fast die Hälfte der KollegInnen ist nicht deutschstämmig. So haben wir heute also das sattsam bekannte Happy Birthday to you gesungen und im Chor Glückwünsche auf Griechisch aufgesagt. Dabei haben wir uns fast die Zunge abgebrochen.

Mein Geburtstag liegt zwar schon eine Weile zurück, aber doch noch nicht zu lange und so kam die Reihe an mich. Ich entschied mich für die Sprache, die in dieser Runde von den wenigsten gesprochen wird: Schwäbisch. Und schon ging es los: „Zum Geburtsdag viel Glick, zum Geburtsdag viel Glickck …“ Es klappte ausgezeichnet. Die Leute steigerten sich gar bei jedem „Glick“ und ließen es schließlich fetzen, dass es nur so glickerte. Es war das lustigste Geburtstagsständchen, das je für mich gesungen wurde. 🙂

There are you from the socks!

Das Wochenende begrüßten wir am Freitagabend in einem Irish Pub, unserem Stammlokal, und ich war lange nicht so voller Lust am Leben! Wir saßen an einem der roh zusammen gezimmerten Holztische bei einem Glas Wein, Ska-Musik feuerte aus den Lautsprechern, ich berichtete B. meine Erlebnisse während des Tages und er mir seine, wir machten Pläne für’s Wochenende. Ich spürte eine Wärme in mir und ein Krabbeln im Bauch, das ich nicht kannte, selbst das obligatorische Fußballgeplauder zwischen B. und dem irischen Kellner fand ich reizvoll. Mein Sohn kam dazu, bei Fish & Chips diskutierten wir darüber, ob Horrorfilme eine Aussage haben können und über das Leben an sich.

Es ging mir gut. Mir war, als ob nichts mir je wieder etwas anhaben könnte, und dabei war nichts Besonderes passiert. Ich hatte nur tagsüber im Büro erste Aufträge selbst in der Datenbank angelegt, verschiedene Dateien in ein Übersetzungsprogramm eingepfriemelt und manches mehr, alles hatte geklappt. Natürlich muss ich noch viel lernen, aber ich hatte ein schlichtes kleines Erfolgserlebnis. Es ist lange her seit dem letzten Mal, und ich wunderte mich eine Zeitlang über mich selbst, bis es mir wieder einfiel: So fühlt es sich an, wenn man etwas gut gemacht hat. Falsch! So fühlt es sich an, wenn man etwas gut gemacht hat und jemand sieht das, und nicht irgendein Detail, das eventuell verbessert werden kann. Niemand kritisierte, niemand machte das Ergebnis klein und niemand übersah es einfach.