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Hirnformationen

Frust vergeht am sichersten durch kleine Belohnungen. Sie können auch groß sein, aber das ist keine Bedingung. Meist genügt eine Zigarette, ein Schokoriegel oder ein Glas Wein, denn sie bewirken alle das Gleiche: ein paar Minuten lang verkriechen wir uns in uns selbst. Wir vergessen das lästige Drumherum und wenden uns nur dem zu, was wir gerade tun, sind ganz bei uns selbst. So ist es jedenfalls bei mir.

Beliebt sind solche Mittel vor allem deshalb, weil der Effekt nach Belieben herbeigeführt werden kann und auch wird, immer häufiger sogar. Zu den ursprünglichen Auslösern in Form von mehr oder minder ausgeprägten Widrigkeiten des Lebens kommt mit der Zeit nämlich Atemnot, Übergewicht oder Kopfschmerzen dazu und damit weiterer Frust.

Gegen Niedergeschlagenheit und schlechte Laune wirkt natürlich auch der Anblick einer aufgeblühten Apfelblüte, das ausgelassene Lachen junger Leute auf der Straße oder der zwiebelige Duft eines Bärlauchsouffles. All das lässt sich aber nicht nach Bedarf herholen und setzt überdies eine gewisse Empfänglichkeit voraus. Man kann sich also nicht ordentlich konditionieren.

Sind die Gehirne von Genussmittel-Abhängigen denn anders? Brauchen wir mehr Endorphine? Ist ein Leben ohne diese Kicks nicht unfassbar flach und lustlos? Was machen Nichtraucher, Ernährungsbewusste, Anti-Alkoholiker nach einem aufreibenden Arbeitstag, einem Streit oder einem traurigen Ereignis?
Was macht ihr?

Fragt sich und euch Anhora,
seit neun Tagen Nichtraucherin.

 

Apfelblüte
(c) Sylvia W.

Pausenfüller

Als ehemalige Stressraucherin bin ich an viele kleinen Pausen gewöhnt. Die frischgebackene Nichtraucherin, die hier schreibt, will darauf nicht verzichten, doch womit nun die Tageslücken füllen? Nein, nicht Yoga, Fachzeitschriften lesen oder sonstwas Vernünftiges und Gesundes. Lieber was Unnützes. Etwas, das nur dem einen Zweck dient, Spaß zu machen. Was könnte mich also ablenken? Es ist nicht so leicht zu beantworten wie eine Zigarette anzuzünden. Da fühlt es sich – kaum dass der Nikotinnachschub in die Gänge kommt – augenblicklich angenehm an innendrin, wie der Einschaltknopf des Fernsehers: Schnell, simpel,  Vorabendprogramm. Dazu gehört keine Beschäftigung mit mir. Das läuft von selbst.

Während ich mit den Fingern auf der Schreibtischplatte herumreibe – es will mir nichts Gescheites einfallen – stellt sich eine andere Frage:  Wieviel Zeit nehme ich mir, meine Wünsche aufzuspüren? Tiefer: Wieviel Zeit bin ich mir wert? Was bin ich mir wert? Ohgottle. Jetzt werd ich umgegraben von Gedanken, und  wollte doch nur Pausenfüller finden. Ein paar Minuten lang puzzeln zum Beispiel oder an einem Sudoku weiterknobeln. Aber da könnt ich nicht nach fünf Minuten wieder aufhören.

Den Volltreffer suche ich noch und bis dahin geh ich immer wieder ans Fenster und schau raus. Ein kleines Gemälde wär auch interessant, entstanden in zahlreichen 5-Minuten-Etäppchen. Ich bleib dran, soviel Zeit muss sein. Könnte auch Socken stricken, oder eine Mütze. Lacht nur! Irgendeine Schwäche braucht schließlich jeder.

Und überhaupt: 10 Tage rauchfrei! So kampflos gings noch nie, kann es mir selbst nicht erklären.