Schlagwort-Archive: tanzen

Bling bling … ♪ • * ° * •. ¸ ¸ ¸ . * ♪

Ich steh an der Ampel. Im Wagen vor mir sitzt eine junge Frau am Steuer, die plötzlich die Arme hochwirft. Sie reckt sie nach links, dann nach rechts, sie hebt die Schultern und lässt sie fallen, sie wackelt mit dem Kopf, dass ihr dünner Pferdeschwanz mithüpft. Sitztanzen nennt man das wohl. Garantiert hört sie dasselbe Lied wie ich: „Augenbling“ läuft gerade im Radio, von Seeed.

Ein Mann sitzt neben der fuchtelnden Frau und schwingt mit den Fäusten hin und her. Die beiden haben Spaß, und auch bei mir zuckt es jetzt. Geht ja nicht anders bei dieser Knallermusik, man will einfach tanzen. Auch oder gerade in einer öden Ampelschlange.

Nun schaltet es auf Grün, die Autos setzen sich in Bewegung. Wir befinden uns auf der Abbiegespur und wie die Kolonne nach links in die Kurve geht, sehe ich ins Innere des Fahrzeugs vor mir. Es ist gar keine junge Frau. Es ist eine alte Frau. Um die Siebzig, würd ich sagen. Ihr Beifahrer mindestens auch so.

Da möchte man die beiden augenblicklich überholen, sich vor ihnen querstellen, aussteigen, ihre Wagentür aufreißen und Auskunft verlangen: „Was geht hier vor?  Wieso tanzt ihr, als ob keiner zusieht? In eurem Alter? Ich will die ganze Geschichte hören. Sofort.“

(Ich hätte auch ein bisschen sitztanzen sollen)

Tanzt ihr auch manchmal im Auto?

Neulich in der Stadt

Aus einer Seitengasse beginnt es zu wummern, ich schau nach und vor einem größeren Publikum zeigen ein paar junge Männer, was sie beim Break Dance drauf haben. Ich bleibe fasziniert stehen, denn das hier geht über ein paar selbst einstudierte Figuren weit hinaus. Die Jungs liefern eine professionelle und mitreißende Show.

Ich mache Bilder und frage am Ende den Boss, ob ich die Fotos hier im Blog verwenden darf. „Kein Problem,“ sagt er, schaut mich an und fügt hinzu: „Ich glaub, wir kennen uns!“ Tatsächlich kommt mir sein Gesicht auch bekannt vor, ich weiß aber nicht woher. Er schon: Vor vielen Jahren war er der Schulfreund meines ältesten Sohnes. „Na klar“, rufe ich und schlage mir an die Stirn, „Navid!“

Wir reden ein bisschen, er lebt inzwischen in Berlin und ist ein über die Landesgrenzen hinaus erfolgreicher Street Dancer bei den Flying Steps geworden. Ist das nicht toll? Ein anderer ehemaliger Schulfreund desselben Sohnes ist ja der Rapper Kay One, auch der war als Teenager bei uns zu Hause. Da ist man schon ein bisschen stolz. 😉

Kostprobe der Crew?

 

The Two Tin Man

Letzte Woche: Als die familiären Angelegenheiten anlässlich des Todes meiner Schwiegermutter hinter uns lagen, setzten wir uns zum Abschluss noch in ein Pub. Dort wurden wir gegen halb zwölf Uhr rausgeschmissen, Sperrstunde. Die stuhlen dann nicht nur um einen herum auf, die machen auch das Licht aus, selbst wenn das Glas des Gastes noch halb voll ist. Der geliebte Brite und ich mussten also jeder ein halbes Pint Bier in einem Zug hinunterstürzen. Bei englischem Bier macht das aber nichts, ist ja wie Radler.

Solchermaßen angeschickert zogen wir weiter und kamen an einer Karaoke-Bar vorbei. Durch die Glasfront sahen wir ein paar Leute tanzen, ein älterer Mann röhrte auf einer kleinen Bühne ins Mikrofon, als gäbe es kein Morgen. Wir überlegten nicht lange und gingen hinein.

An die Bar gelehnt beobachteten wir Frauen, die an einem Tisch saßen und begeistert in jedes Lied miteinstimmten. Immer wieder kam jemand von der Straße herein, sang ein Stück, ließ sich beklatschen und ging wieder hinaus. Was für ein Spaß! Einmal tänzelte ein dünner, etwas zerfurchter Mann mit Wollmütze herein. Er hielt in jeder Hand eine Bierdose vor sich hin und bewegte sich mit leicht nach hinten geneigtem Oberkörper wie Kater Mikesch aus der Augsburger Puppenkiste. Mit seinen Bierdosen zog er langsam zwei Runden um die Tanzfläche herum, dann tänzelte er wieder hinaus.

Wir lachten uns kaputt. Two Tin Man nannten wir ihn. War es doch das schnell getrunkene Bier im anderen Pub, oder die nachlassende Anspannung der letzten Tage? Wir konnten nicht aufhören zu lachen, bis etwa eine Stunde später auch diese Bar anfing, die Schotten dicht zu machen. Ach so, wir sind ja in England. Eigentlich waren wir ja auch traurig, die Mutter des Liebsten ist tot. Aber an diesem Abend war noch genug Platz für die Freude am Leben.