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Märzwärts

Ich schaue aus den Fenstern des langen Gangs auf den Innenhof hinunter, vier Mandelbäume haben dort ihre Blüten aufgehen lassen. Wie rosarote Wolken schweben sie über ein paar Narzissen, wir haben Glück in diesem Jahr, der März war warm. Ich habe die Wohnungstür meiner Mutter erreicht, setze die Einkaufstaschen ab und schließe auf, während sie mir in kleinen Schritten folgt. Ihr Fingerring schleift über die hölzernen Haltestange an der Wand, das Freitagsgeräusch.

Als ich später nach Hause fahre, vorbei an Gärten mit Forsytien, die mit den frühjährlichen zitronengelben Explosionen beschäftigt sind, fühle ich mich wacher als sonst, anwesender. Ich glaube die Dauerläufe tun mir gut. Jeden zweiten Tag kämpfe ich mich den Hang hinauf durch den Wald und die Trägheit weicht endlich, Mumm ist in meinen Körper zurück gekehrt. Ein bisschen jedenfalls. Es ist lange her, seit ich Kraft in mir spürte, doch gerade eben war da was.

Klimabericht

Reglos sitze ich auf meinem Stuhl, Arme und Beine abgespreizt. Die schwere Luft bewegt sich ein wenig, sie soll alle Stellen meines Körpers erreichen. Es ist Sonntagmorgen, 31°C, mit halb geöffneten Augen blicke ich über das Balkongeländer in die Nachbarsgärten. Sie liegen da wie gelähmt. Nur die Vögel lärmen, als ob nichts wäre, und gelegentlich erhebt sich ein lautes Rasseln, das an die Baumgrillen Südeuroas erinnert. Vielleicht sind welche eingewandert. Die geplante Wandertour verschieben wir, man kann heute nichts tun. Von irgendwo ertönt die Sirene eines Krankenwagens.

Wir bleiben im Schatten.