Neulich in meinem Arbeitszimmer: Ein Computerprofi versucht, meinen PC zu reparieren, und das erweist sich als aufwendiger als gedacht. Der Mann muss den Rechner für zwei Tage mitnehmen. Hektisch suche ich in den Tiefen der Verzeichnisse nach privaten Dateien, verschiebe sie auf ein externes Laufwerk und hoffe, dass ich nichts übersehen habe. Sicher bin ich mir nicht. Mit Knoten im Magen übergebe ich schließlich das Gerät und muss am nächsten Tag gar noch mein Passwort preisgeben. Beim Kopieren meiner Daten auf die neue SSD sei das extra dafür angelegte Admin-Account verschwunden, sagt der Mann.
Als ich den Computer zurückerhalte, arbeitet er wieder wie der Blitz und alle Programme funktionieren. Ich bin aus dem Häuschen und widerstehe mit Mühe dem Drang, diesem Heilbringer um den Hals zu fallen und ihn abzuküssen. Nur beim Klicken durch die Ordner fühlt es sich merkwürdig an. Als sei jemand hiergewesen. Als wäre Dateien angegrapscht worden. Es ist, als hätte hier etwas seine Unschuld verloren.
Unser Leben befindet sich bis in die kleinsten Details auf einer drehenden Scheibe. Den Rechner herzugeben ist wie einem Fremden den Wohnungsschlüssel in die Hand zu drücken, weil er nach unserer überstürzten Abreise die Blumen gießen soll. Man hofft, dass er Tabuzonen wie Passwortlisten, persönliche Aufzeichnungen und private Bilder respektiert. Aber könnte man selbst der Versuchung widerstehen?