Meine Amaryllis bot ein interessantes Schauspiel heute. Das ganze Jahr über freute ich mich an der Pflanze, die auch nach der Blüte mit ihren langen, dunkelgrün glänzenden Blättern das Fenster schmückte. Da die Zwiebel aber im Winter neu ausgepflanzt wird, soll sie im Herbst zur Ruhe kommen, also hörte ich im August auf zu gießen. Die Pflanze hingegen ließ sich nicht beeindrucken und blieb bis heute unverändert. Stolz präsentiert sie sich Tag für Tag in ihrer ganzen Pracht. Auch Wochen nach dem letzten Tropfen Wasser steht sie aufrecht im Topf und denkt nicht daran, sich die Lebenslust verderben zu lassen. Amaryllis müsste man sein, dachte ich.
Als ich heute Nachmittag das Zimmer verließ, war sie wie immer ein dekorativer Blickfang in ihrer Ecke. Eine Stunde später aber kam ich zurück, und da – hingen die Blätter nur mehr auf halber Höhe! Einen spektakulären Abschied legt sie da hin, meine Schöne, bevor sie uns in ein paar Wochen hoffentlich wieder mit ihren lachsrosa Blüten verzaubern wird.
Warum fällt mir jetzt ein, dass ich seit dem Frühjahr keinen Urlaub hatte? In meinem nächsten Leben werd ich Amaryllis.