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That’s it, done!

10. Tag: Burgh by Sands – Bowness

Auf gehts – der letzte Tag unserer Wanderung liegt vor uns, da wird nicht geschwächelt, sondern frisch drauflosgelascht.  Die St Michael’s Church wurde im 12. Jahrhundert auf den Überresten eines römischen Kastells errichtet.

Die letzte Etappe führt bald kilometerweit durch eine salzige Marschlandschaft des Firth of Solway, ein ca. 50 km langer Meeresarm. In ihn münden mehrere Flüsse (u. a. der Eden) und damit in die Irischen See. Die Umgebung wird wieder offen und weitläufig. Bei hoher Flut kann die Straße unterspült werden. Das ist vor allem im regenreichen Winter der Fall.

Im Süden sehen wir die Berge des Lake Districts, im Norden (siehe Bild oben) ist Schottland zu erkennen. Die weißen Vögel sind übrigens Schwäne. Ich habe noch nie so viele auf einmal gesehen.

Die Gegend um den Solway Firth ist für seine Naturschutzgebiete mit Tausenden Seevögeln weltberühmt. Unser Weg führt direkt an der Küste entlang, ist aber durch eine Hecke vom Strand getrennt. Wir sehen also wenig, hören aber viel. Dazu gehört nicht nur das obligatorische Möwengeschrei, sondern auch viele andere Vogelstimmen. Besonders der melodische Ruf des Brachvogels (Curlew) mit seinem gebogenen Schnabel klingt, als befinde man sich in einem tropischen Garten. So stellt man es sich im Paradies vor. (Gesang des Großen Brachvogels)

Wir wandern noch durch einige Küstendörfer. Gelegentlich begegnen uns Wanderer, die ihre Tour nach Wallsend/Newcastle gerade beginnen. Frisch und ausgeruht treffen sie auf zwei müde Gestalten, einer fragt im Vorbeigehen: „How was it?“ und wir antworten: „Simple!“

Port Carlisle, einst ein Hafen, der früher über einen Kanal mit der Stadt Carlisle verbunden war. Später wurde der Kanal zugeschüttet und durch eine Eisenbahn ersetzt. Auch die gibt es heute nicht mehr. Der Hafen wurde zu klein, um rentabel zu bleiben.

Kurz vor dem Ziel treffen wir auf Roger, der Master der Wegweiser. Gegen eine kleine Spende für eine Krebsorganisation, die ihm das Leben gerettet hat, tut er uns einen Gefallen.

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Dann bricht unsere letzte Meile an. Wir lassen uns jetzt Zeit. Gemütlich treffen wir in Bowness ein, folgen dem Pfad noch ein paar Hundert Meter, dann sind wir da: Hier endet der Hadrianswall, und die großartigste Wanderung, die wir je gemacht haben.

Wir fallen uns in die Arme, setzen uns auf ein Bänkchen und schauen aufs Wasser. Die Küste liegt direkt vor uns. Eine Weile sitzen wir so da, es wird nicht gesprochen. Hier braucht es keine Worte.

Dann suchen wir ein letztes Mal unsere Unterkunft für die Nacht auf, betreten einen kleinen Tea Room. Es sind ein paar Gäste da, Engländer, sie haben dieselbe Wanderung hinter sich. Man unterhält sich kurz, tauscht Erlebtes aus. Ich habe Hunger. Das Leben geht weiter.

Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen. (Johann Wolfgang von Goethe)

Liebe Leserinnen und Leser, ich danke euch fürs Mitkommen. Schön, dass ihr dabei wart! 🙂 Vielleicht wird noch der eine oder andere Gedanke zu dieser Reise folgen, denn im Kopf ist sie noch nicht zu Ende.

Die nächsten Tage werden wir in Manchester verbringen, ein großstädtisches Kontrastprogramm zum Abschluss, bevor es wieder zurück nach Deutschland geht.

Wanderung am Hadrianswall:

Tagesstrecke: 14 km in ca. 5 Std.
Gelaufene Strecke insgesamt: 160 km in 10 Tagen

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Diese Tour haben wir bei Mickledore gebucht. Sie organisierten die Unterkünfte und den Gepäcktransport. Übernachtet haben wir ausschließlich in Bed&Breakfast-Pensionen oder kleinen Gasthäusern. Das hat den Vorteil, dass man jeden Tag mit Einheimischen plaudern kann und Geschichten aus der Gegend erfährt.

Die Auswahl der Unterkünfte hätte nicht besser sein können, Mickledore versteht sein Handwerk. Wir haben in typisch englischen Häusern übernachtet und liebenswürdige, skurrile und spannende Menschen kennengelernt, egal ob Gastgeber oder andere Wanderer am Frühstückstisch. Wir können diesen (englischsprachigen) Anbieter auf jeden Fall empfehlen.

Übrigens: seit dem Referendum zum Brexit letztes Jahr ist das Pfund um ca. 20% gefallen, d.h. Urlaub im Königreich ist für uns günstiger geworden.

Nachtrag:
Noch einer, der auszog und der Mauer folgte!

Kurz vor Schluss

9. Tag: Carlisle – Burgh-by-Sands

Wir verlassen Carlisle und treffen nun kaum noch Wanderer, weil viele in Carlisle aufhören. Fast fehlen sie mir. Ein paar von ihnen trifft man ja immer wieder, weil sie dieselbe Route gehen. Die japanische Delegation zum Beispiel: Ein nicht sehr großer, kräftig gebauter Herr, der ernst und entschlossen wie ein Samurai drei klitzekleine ältere Damen anführt, die im Gänsemarsch hinter ihm her stiefeln. Es gab keinen Tag, an dem wir sie nicht sahen, und heute begegneten wir ihnen sogar im Frühstücksraum – sie übernachteten zufällig im selben Gästehaus. Niemand kann anmutiger Scrambled Eggs und Black Pudding zum Mund führen als diese reizenden Japanerinnen!

Wir wandern zunächst eine Weile am River Eden entlang.

Dann geht es weg vom Fluss und wieder über Wiesen und Felder.

Sowas hab ich noch nie gesehen:Es ist ein Pilz, und zwar ein Puffball (dt.: Riesenbovist), groß wie ein Fußball, und er besteht hauptsächlich aus Luft. Wenn man ihn zertritt, bleibt nicht viel übrig.

Das waren aber nicht wir! Es ist ein weiterer Puffball in der Nähe, vermutlich hat eins der Rinder auf dieser Weide ihn niedergetrampelt.

Wir sind in der kleinen Ortschaft Bonmont. Der Hadrianswall verlief hier mittendurch, und auf dem Fundament eines Mile Castles wurde diese Kirche gebaut.
Nicht totzukriegen: Dieser Baumrest trägt sogar noch Früchte. Und so ähnlich fühle ich mich im Moment auch: Meine Beine sind erschöpft, allmählich merke ich die Anstrengung und ich denke auch, ich habe genug Schafe und Rinder gesehen. Aber es treibt mich weiter. Unser Ziel ist noch nicht erreicht.

Zum Glück haben wir heute nur eine kurze Strecke. Es ist warm, die Sonne scheint, und wir sind schon am frühen Nachmittag in Burgh-by-Sands. Morgen gehts zum Endspurt an die Küste.

Wanderung am Hadrianswall:

Tagesstrecke: 13 km in ca. 5 Std.
Bisher gelaufene Strecke: 146 km

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Zurück in der Zivilisation

8. Tag: Irthington – Carlisle

Wir wandern auch heute wieder an Feldern entlang und durch Weiden hindurch, aber die Landschaft wird flacher. Ich genieße noch einmal die Stille. Stundenlang hört man nichts nichts außer Vögeln und dem Blöken der Schafe. Wieso blöken die eigentlich immer? Nun, sie tun es einfach, vielleicht unterhalten sie sich.

Diese Kühe haben offenbar noch Menschen gesehen. Zugegeben irren wir eine Weile in ihrer Weide herum, weil wir uns verlaufen haben.Vom Wall sehen wir nichts mehr, nur noch der Graben (Vallum) ist manchmal zu erkennen. In dieser Gegend ist kaum etwas übriggeblieben vom Hadrianswall, auch weil er in dieser feuchten Gegend wahrscheinlich zum Teil als aus Torf gebaut worden war.

Dann lassen wir die Hügel allmählich hinter uns und die ersten Dörfer im Einzugsgebiet von Carlisle tauchen auf. Wir sehen hübsche, gepflegte Häuser im typisch englischen Stil.

Wir sind wieder in der Zivilisation. Habe ich schon erwähnt, dass wir seit Beginn der Wanderung keinen einzigen Laden oder gar einen Supermarkt gesehen haben? Außer natürlich dem berühmten Stall-on-the-Wall!

Diese vielversprechende Ankündigung entdecken wir heute irgendwo am Hadrian’s Path.

Etwa 100 m weiter finden wir diesen Stand. Der Stall-on-the-Wall „erfrischt die Wanderer seit 2009, der ehrliche Wanderer bezahlt in einer Box, per Dekret von Kaiser Hadrian.“

Die ersten Häuser von Carlisle.

Wir wandern eine Weile am River Eden entlang und ruhen in einem Park aus.

Es ist recht warm geworden, und das Wandern strengte mich heute an. Aber wir haben unser Ziel erreicht: wir sind in Carlisle. In dieser lebhaften, mittelgroßen Stadt gibt es einige Sehenswürdigkeiten. Aber zu Besichtigungen fehlt uns die Power. Zum Gang ins nächste Pub reichts gerade noch.


Nun erklärt sich auch, wie ich auf die 135 km Gesamtstrecke gekommen bin: Das hatte ich irgendwo gelesen und es handelt sich um die Entfernung zwischen Wallsend im Osten und Carlisle im Westen. Die meisten Wanderer machen hier Schluss. Der Hadrianswall ist aber noch nicht zu Ende, sondern erst an der Küste. Da wollen wir hin, und deshalb gehen wir noch zwei Tage lang weiter.

Wanderung am Hadrianswall:

Tagesstrecke: 17,4 km in ca. 7 Std.
Bisher gelaufene Strecke: 133 km

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Klimawechsel

7. Tag: Gilsland – Irthington

Je weiter wir nach Westen vorankommen, desto milder wird das Klima. Die Sonne scheint, wir wandern inmitten von Feldern und Wiesen, einer Landschaft wie hingemalt.

Es geht ein hügelauf und hügelab durch Weiden, Haine und Wäldchen. Ein großer Frieden liegt über allem.

Den Hadrianswall sehen wir heute nur noch kurz, dann verschwindet die Mauer. Die Steine sind abgetragen, andere Gebäude daraus entstanden. Zum Teil wurde der Wall hier aus Torf gebaut, weil nicht genug Steine zu finden waren. Aber immer wieder kommen wir an den Resten kleiner Festungen und Wachtürme vorbei.

Im Westen ist es nicht nur wärmer, sondern auch feuchter. Es regnet hier weit mehr als im Nordosten, wo wir herkommen. In letzter Zeit hat der Himmel seine Schleusen offenbar weit offen gehabt, denn die Wege bestehen an manchen Stellen knöcheltief aus Matsch. Aber da hilft nix: Wir müssen irgendwie durch.

Mittagspause.

Krähen schwärmen über die Felder.

Zu Beginn einer solchen Wanderung lässt man immer mehr vom Alltag los, überwältigt von der Natur. Aber heute ist der 7. Tag unserer Reise, und ich werde auch die sattgrünen Wiesen und das weite Land wieder loslassen müssen. Vielleicht bin ich geschwächt durch den leichten Schmerz im rechten Fuß (ich bin gestolpert und habe mich übertreten), oder es ist das Wissen um die Endlichkeit allen Seins: Heute bin ich etwas wortkarg und hänge meinen Gedanken nach.Ach was. Ich atme ein und atme aus. Es riecht nach frisch geschnittenem Gras, Heu und Wildblumen. Es riecht nach Leben. Wir beginnen zu überlegen, wohin die nächste Wanderreise gehen soll.

Wanderung am Hadrianswall:

Tagesstrecke: 19,7 km in ca. 7 Std.
Bisher gelaufene Strecke: 115,6 km

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Höhepunkte

6. Tag: Twice Brewed – Gilsland

Wir steigen noch einmal über die Crags und wandern am Römerwall entlang, hinein in ein 360°-Rundum-Panorama, an dem ich mich nicht sattsehen kann. Wohin man auch blickt – man staunt nur. Der Wind fährt durch die Haare, die Luft ist klar und voller Energie. Die Landschaft liegt riesig vor mir, bizarr schön. Mittendurch führt eine dünne Linie, der Wall. Das alles gehört heute mir, und niemand kann es mir nehmen. Dann lassen wir die zerklüfteten Felsen hinter uns und es geht allmählich bergab. An den Klippen wächst Erika, dem Brachland folgen Weiden, kleine Wälder und vereinzelte Farmen.

Ganz wichtig: Immer wieder prüfen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Mit der App outdooractive.com kein Problem.

Im Roman Army Museum sehen wir u.a. in einem spannenden Film, was die römischen Legionäre am Wall entlang für ein Leben führten. Militärischer Drill, Kälte, wenig Kämpfe und daher oft auch Frust und Langeweile gehörten dazu.

 

Wanderung am Hadrianswall:

Tagesstrecke: 16 km in ca. 7 Std. (längere Pausen gemacht)
Bisher gelaufene Strecke: 95,9 km
Reststrecke: ca. 39 km. (?)
Irgendwas stimmt hier nicht. Wir haben noch 4 Tage, also werden es wohl mehr als 135 km sein.

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Klippen überwinden

5. Tag: Grindon – Twice Brewed

Heute sehen wir die Military Road zum letzten Mal.


Der Hadrian’s Wall Path bleibt von nun an straßenfrei und führt jetzt auch dauerhaft an der römischen Mauer entlang.

Immer wieder fehlt ein Stück. Dann ist die nächste Farm aus den Steinen errichtet worden, oder wie in der Priorei von Lanercost ein komplettes mittelalterliches Kloster.


Unser Weg führt heute hauptsächlich über die Crags: Felswände, die z. T. schwindelerregend tief nach unten gehen. Sie zeigen nach Norden, also ins damalige Feindesland, und oben verläuft der Wall. Es herrscht ein kräftiger Wind und man denkt, man befindet sich im Hochland. Tatsächlich sind wir gerade mal 300 m über dem Meeresspiegel.


Links neben dem See sieht man die hohen Felsklippen, und dort hinauf führt unser Weg. Als wir oben sind und an den Crags entlangwandern, fasse ich es nicht, dass die gefährliche Seite nicht abgezäunt ist oder wenigstens ein Schild die Wanderer warnt. Man sieht nämlich nur einen abschüssigen Grasstreifen, und der hört nach wenigen Metern auf. Dann geht es senkrecht runter: 50 m, 100 m, aber man sieht es vom Weg aus nicht. An solchen Stellen bin ich im Sturmschritt vorwärtsmarschiert, den Blick strikt nach links gerichtet, wo die Heide sanft abfällt. Bei sowas hab ich Angst.

Hier sehen wir den berühmtesten Baum der Filmgeschichte: Der mächtige Ahorn im Sycamore Gap spielte eine wichtige Rolle in „Robin Hood – König der Diebe“ mit Kevin Costner und Morgan Freeman. Mehr darüber …

Die Ruinen von Housesteads stammen von einer größeren Kasernenanlage römischer Soldaten. Auf vielen Tafeln sieht man Bilder der Gebäude und Menschen in der damaligen Zeit, und die Steine erwachen zum Leben. Wir sind beeindruckt von der hochentickelten Zivilisation vor 2000 Jahren.

Den ganzen Tag geht es kräftig auf und ab, wir wandern und klettern im Wechsel. Das geht in die Oberschenkel, aber mir tut nichts weh. Selbst meine Schultern sind locker geworden, trotz Rucksack, und alle Muskeln haben Lust auf dieses Gehen. Ich würde auch auf keinen Fall das heiße Wetter in Deutschland mit der prickelnden Frische hier eintauschen, und das als bekennende Sonnenanbeterin! Ich möchte nur noch in diesen grandiosen Horizont blicken, wo riesige Feld- und Heideflächen in zarten Farben ineinanderlaufen. Die Weite des Landes macht etwas mit mir. Ich träume davon, ein Leben lang immer hier weiterzugehen, und in solchen Momenten bin ich ein ganz und gar glücklicher Mensch.


Wanderung am Hadrianswall:

Tagesstrecke: 12,2 km in ca. 6 Std. (längere Pausen gemacht)
Bisher gelaufene Strecke: 79,9 km
Reststrecke: ca. 55 km

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Durchatmen

4. Tag: Humshaugh – Grindon

Vom Hadrianswall sehen wir auch heute nur Fragmente. Wir wandern aber direkt auf ihm, denn dieser Teil der Mauer existiert noch und wurde nicht freigelegt. Sie verbirgt sich unter einer Erdschicht und weicher Grasnarbe, über die unser Weg führt. Häufig sieht man versprengte Steine der Originalmauer.


Unsere Strecke ist heute etwas kürzer: Nur 15 km. Das machen wir mit links. Wider Erwarten werde ich nicht jeden Tag erschöpfter, sondern jeden Tag fitter! Wenn es so weitergeht, muss ich die letzten Etappen im Handstand zurücklegen, damit meine Waden nicht zu kräftig werden. 😉

Wir wandern lange Zeit über sanft geschwungene Hügel. Man denkt an gar nichts mehr. Ich atme ein und atme aus, spüre den frischen Wind im Gesicht, nehme den Duft von Gras, Heu und getrocknetem Viehdung wahr. Ich blicke nach vorne. Die Landschaft hat etwas von der Weite eines Ozeans. Mehr braucht es nicht.


Die Besonderheit dieses Busses ist die Nummer der Buslinie: AD122: es bedeutet Anno Domini 122 / 122 n. Chr., und da wurde mit dem Bau des Hadrianwalls begonnen.

Die Umgebung verändert sich. Das Weideland verschwindet allmählich, der Untergrund wird feuchter, der Boden wird zur Heide. Der Wind pfeift uns stundenlang um die Ohren. Wir können uns nicht mehr unterhalten, so laut ist es. Über weite Strecke sehen wir nur flaches Land und die Hinterlassenschaften von Schafen. Man muss aufpassen, wo man hintritt. Da die Tiere nur vereinzelt zu sehen sind, war der Rest wohl auf der Durchreise.

Hier ein sog. Turret: ein kleiner Wachturm, in dem römische Soldaten Dienst hatten. Etwa alle 500 m gab es ein solches Turret oder eine kleine Festung.

Scottish Blackface heißt diese Schafrasse, die man hier häufiger sieht. Und ja, ihr seid die Coolsten!

 

Wanderung am Hadrianswall:

Tagesstrecke: 14 km in ca. 5 Std.
Bisher gelaufene Strecke: 67,7 km
Reststrecke: ca. 67 km

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Wandern ist eine Tätigkeit der Beine …

… und ein Ζustand der Seele. ( Josef Hofmiller)

3. Tag: East Wall Houses – Humshaugh

Das Gepäck wird immer gegen halb zehn Uhr abgeholt, d. h. bis dahin muss alles gepackt sein und es ist wichtig, dass nichts liegenbleibt. Heute z. B. waren unsere Koffer gerade mit einem Minibus davongefahren, da entdeckte ich den Haarfön auf dem Frisiertisch. Also musste ich ihn den ganzen Tag im Rucksack mit mir herumtragen, morgen passe ich besser auf.

Unser Weg führt heute kilometerweit an Wiesen und Feldern entlang.

Auf dem Gras liegt dicker Tau, die Tropfen glitzern in der Sonne, frischer Wind weht uns um die Nase. Hier und da tauchen kleine Bauernhöfe auf.

Am Anfang wandern nicht nur die Beine, sondern auch die Gedanken. Aber das hört wieder auf. Mit der Zeit legt sich das satte Grün, das sanfte Auf und Ab der Hügel und die Harmonie der Natur auf die Seele. Wir werden Teil der Landschaft.

Immer wieder geht es durch Weideland.

Wenn ich den Blick dieses jungen Stieres richtig deute, dann ist er mit unserer Anwesenheit nicht einverstanden. Wir warten respektvoll darauf, dass er seine Meinung ändert. Aber erst als eine Kolonne Motorräder vorbeidonnert, rennt er erschrocken zur Seite und macht den Weg frei. Wir schreiten nun zügig voran. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass das Tier uns entrüstet hinterherblickt.

Links verläuft die Military Road.

Die Straße hört man heute mal mehr, mal weniger. Zu sehen ist sie fast nie, sondern nur Wiesen, Haine und weitläufiges Agrarland. Die Szenenwechsel der Umgebung gehen nur allmählich vonstatten und es ist ungewohnt, nicht ständig neuen Eindrücken ausgesetzt zu sein.

Was ich während es langen Gehens feststelle ist, dass nicht nur die Beine unterwegs sind, sondern auch der Kopf, und dieser hat mitunter ein geringeres Tempo als die Beine. Es ist, als hätte er sich zum Ausruhen ein wenig hingelegt, und auf einmal kommt man ins Trödeln. Um den Anschluss zum geliebten Briten nicht zu verlieren, muss ich nun meinen Kopf mit einem kräftigen „Auf gehts!“ wecken. Das klappt, meine Beine gehen dann tatsächlich schneller und leichter.Links deutlich zu sehen: Der oder das Vallum, der Graben. Man sieht ihn oft heute noch neben dem Hadrianswall. Ich weiß nicht, ob er einst der zusätzlichen Sicherung der Grenze diente oder einfach der Erdaushub war. Vermutlich beides.

Nach etwa vier Stunden fangen meine Waden an, ein wenig zu zwicken. Kurz vor dem Ziel bekomme ich dann Muskelkrämpfe, die nicht mehr vergehen. Die letzte halbe Stunde wird schmerzhaft. Zum Glück hat unsere Unterkunft eine Badewanne … … und zum Glück hat der geliebte Brite Magnesium dabei. Er schaut außerdem in YouTube nach, wie man Wadenkrämpfe massiert, und alles hat geholfen. Etwa eine Stunde später bin ich wieder schmerzfrei!

 

Der Vallum Hadriani oder auch Hadrianswall wurde im 2. Jahrhundert n. Chr. unter Kaiser Hadrian errichtet. Er markiert, wo der Feldzug der Römer endete und ist daher auch ein Symbol dafür, dass die britische Insel niemals vollständig beherrscht werden konnte: Der Süden und Osten Englands wurde unterworfen, aber die Stämme Nordbritanniens waren wilde Gesellen, hartnäckig und unberechenbar. Sie konnten vom disziplinierten Militär der Römer nicht besiegt werden. Möglicherweise machte den sonnenverwöhnten Römern auch das raue Klima zu schaffen.

Der Wall verläuft zwischen Newcastle und dem Solway Firth über 100 km lang quer durchs ganze Land in der Nähe der englisch-schottischen Grenze. Er sollte den Handels- und Personenverkehr kanalisieren, um dort z. B. die Erhebung von Zöllen zu ermöglichen. Außerdem war er eine Bastion gegen die unkontrollierte Migration schottischer und irischer Stämme in die Provinz Britannia inferior(Quelle: Wikipedia). https://de.wikipedia.org/wiki/Hadrianswall

Heute ist der Hadrianswall eine Weltkulturstätte. An ihm entlang führt ein eindrucksvoller Fernwanderweg.

Wanderung am Hadrianswall:

Tagesstrecke: 19, 4 km (ca. 6 Std.)
Bisher gelaufene Strecke: 53,7 km
Reststrecke: ca. 81 km

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Immer an der Wand lang

2. Tag – Newburn – East Wall Houses

Das Wichtigste zuerst: Meine Beine spüre ich natürlich schon nach der gestrigen Wanderung über 18 km. Es zieht etwas in den Waden. Womit ich aber nicht gerechnet hatte, sind die enormen Schmerzen in den Schultern! Ich konnte kaum noch die Arme heben, als ich den Rucksack abgenommen hatte. Dabei war nichts Überflüssiges drin: Regenjacke, Kamera, Geldbörse, Lunchpaket, Brillen. Zum Glück hatte unsere Unterkunft eine Badewanne und der geliebte Brite Voltaren mitgenommen. Vorsichtshalber ertränkte ich den Schmerz aber später noch im Pub mit zwei Pint Bier, so dass ich heute morgen mit leichten Restschmerzen in den Schultern und einem Dappschädel aufgewacht bin.

Aber Schluss mit dem Gejammer, wo sind wir denn? Wegen ein bisschen Schulter so ein Aufhebens zu machen. Jetzt werden die Schuhe geschnürt, und los gehts.

.

Der Weg führt uns heute noch einmal eine Zeitlang am River Tyne entlang, nun aber in idyllischer Naturbelassenheit ohne Industrie.

Danach geht es bergauf in eine gepflegte Ortschaft: Heddon-on-the-Wall.

Hier sehen wir zum ersten Mal Überreste der originalen Mauer des Hadrianwalls.

Weiter geht es über Felder …

… Wälder …

… und Wiesen. Wir durchstreifen eine ländliche Gegend mit den typischen englischen Bauernhöfen.

Dann erreichen wir den Wall. Allerdings sehen wir keine Mauer, denn die Steine wurden hier entweder im einen oder anderen Farmerhaus der Umgebung verbaut, oder als Fundament für die Straße verwendet, die direkt auf dem Wall verläuft: die Military Road. Sie wurde im 18. Jahrhundert von General Wade angelegt als Abschnitt eines Transportwegs zwischen Newcastle und Carlisle. Wade nutzte einen Teil des Hadrianwalls (von Heddon-on-the-Wall bis Greenhead), weil er hier eben verlief. Die zum Wall aufgeschüttete Erde mit Gräben links und rechts ist z.T. noch deutlich zu sehen.

Links hinter dem Wall verläuft die Straße.  Die Mauer ist eine Trockenmauer und ist nicht antik.


Der Hadrian’s Way führt lange Zeit neben der Military Road auf dem Hadrianswall entlang. So idyllisch, wie es hier aussieht, ist es von der Akustik her deshalb nicht: Auch wenn man die Fahrzeuge auf der Straße meist nicht sieht – zu hören bekommen wir sie doch. Uns wird bewusst, wie laut Verkehrslärm eigentlich ist.

Hadrian war ein römischer Kaiser (76 bis 138 n. Chr.), der sich nicht auf Kriege, sondern auf den Erhalt des Reichs und mehr Wohlstand für die Menschen konzentrierte. Es war eine überwiegend friedliche Zeit unter seiner Herrschaft.
Er ließ eine Grenzmauer zwischen dem Römischen Reich und dem heutigen Schottland errichten, um den Personen- und Warenverkehr zu überwachen.
Zu erwähnen ist Hadrians große und tragische Liebe: Sie galt Antinoos, einem griechischen Jüngling, der schon im Alter von etwa 20 Jahren unter ungeklärten Umständen starb. Nach seinem Tod ordnete Hadrian im ganzen Reich die kultische Verehrung und Anbetung seines Geliebten an (Quelle: Wikipedia).
Die verklemmten Zeiten begannen erst später.

Wanderung am Hadrianswall:
Tagesstrecke: 15,7 km in ca. 6 Stunden
Bisher gelaufene Strecke: 34,3 km
Reststrecke: ca. 100 km

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Randgebiete

1. Tag – Wallsend – Newburn

Jeder ist schon einmal kilometerweit durch eine Stadt gestreift, um bestimmte Dinge zu sehen oder zu erledigen. Wir aber wollen hier nur eins: Weitergehen. Das Ziel ist die Reise, nicht die Ankunft.

Wir sind in Wallsend, was wie ein Ende klingt, für uns aber der Anfang einer zehntägigen Reise ist, die im Schritttempo stattfinden wird. Am Hadrianswall entlang, der an der Grenze zwischen England und Schottland verläuft, werden wir von der Ostküste zur Westküste wandern, von der Nordsee zur Irischen See. Gesamtstrecke: ca. 135 km (84 Meilen).

In Wallsend endet/beginnt der Hadrianswall, und wir sind startklar.

 

 

 

Die Metrostation in Wallsend stimmt uns auch gleich auf das antike Rom ein: Alle Informationen sind zweisprachig: In Englisch und Latein.

84 Meilen liegen vor uns.

Der River Tyne dümeplt hier wenig spektakulär vor sich hin, denn es ist gerade Ebbe. Da der Fluss nahe am Meer liegt, unterliegt er den Gezeiten, d.h. sein Wasser fließt in diesem Bereich mal in diese, mal in die andere Richtung.

Zunächst geht es in Richtung Newcastle am River Tyne entlang, dessen braunes Wasser links von uns ebenfalls in Bewegung ist. Wir sehen hier vor allem  Lastkähne und alte Industrieanlagen, deren einzige Dekoration die kalkweißen Möwen mit ihrem Geschrei sind.

Nach einer Weile taucht die schöne Silhouette von Newcastle auf und wir spazieren durch die lebendige Flaniermeile mit ihren Brücken und Touristen. Rechts von uns liegen lange Zeilen mit luxuriösen Hotels und Bürogebäuden. Sie sind eng zusammengerückt und lassen immer wieder Platz für Seitenstraßen, die wie urbane Adern die Menschen ins Stadtinnere saugen.

Ein Business Center reiht sich ans andere. Alles sieht hübsch und aufgeräumt aus.

 

Hier wurde früher Kohle verladen. Heute stehen die Anlagen unter Denkmalschutz.

Dann erreichen wir die Vororte. Einförmige kleine Bürogebäude liegen auf der einen Seite, aus der Zeit gefallene Kohlenverladeanlagen und Plattenbauten auf der anderen Seite des Flusses. Es ist die Art von Stadtansicht, die man beim Blick aus dem Fenster der S-Bahn vorbeifliegen sieht und bei der man wegdösen kann, bis wieder interessantere Wegabschnitte auftauchen.

Wir fahren aber nicht, wir gehen. Wir schauen uns alles in Ruhe an, auch wenn es nichts Besonderes darstellt.

Im Hintergrund sind die alten Industrieanlagen zu sehen. Und nein – das im Vordergrund bin nicht ich!

Ein paar Jogger kurven um uns herum, und mit der Zeit gelangen wir weg vom Fluss über Waldwege in abgelegene Ortschaften. Sie waren einst das Zuause der Arbeiter, als hier noch Kohle abgebaut wurde.

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Immer wieder sind Überbleibsel aus der Zeit des Kohleabbaus und der Eisenbahnen für den Transport zu finden. Den Wall sehen wir heute noch nicht. In dieser Gegend sind nur Fundamente übriggeblieben, die irgendwo unter Newcastle verlaufen.

Nach sechs Stunden erreichen wir am Nachmittag unsere Unterkunft in Newburn, wo die Koffer schon angeliefert wurden. Der Transportservice funktioniert also.

Wanderung am Hadrianswall:

Tagesstrecke: 18,6 km
Bisherige Strecke: 18,6 km
Reststrecke: ca. 115 km

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